Der Papst ein Reformator?

Der Papst will eine Bitte des Unser Vaters um-schreiben. Das Anliegen ist nicht neu. Über die Bitte „und führe uns nicht in Versuchung“ sind schon viele ins Stutzen geraten. Kann das Jesus so gesagt haben? Nun stört auch den amtierenden Papst Franciscus diese Formulierung.

Ist jetzt der Papst unter die Reformatoren zu zählen? Er beugt sich wie sie über die Schrift und möchte ihr den wahren Glanz zurückgeben. Oder sind es andere Motive, die ihn bewegen? In der NZZ am Sonntag des 2. Advents lässt sich der Pontifex so vernehmen: „Ich allein bin derjenige, der in Versuchung stürzt“ zitiert ihn die NZZ am Sonntag . Und – „es sei nicht Gott, sondern der Satan, der die Menschen in Versuchung führe“.

Offensichtlich will der Papst nicht, dass Gott verführt – aber wer möchte das schon! Darum dispensiert er ihn – doch – ist das denn menschenmöglich, Gott zu dispensieren? Wir werden Zeuge wie da einer Gott in zwei gegensätzlich Mächte aufsplitten will.  Gott da und Satan dort – und der menschliche Wille mittendrinn im Spannungsfeld. Ganz wie im Krimi, da das good girl und dort der bad boy.  Wenn die Zeitungen die Beweggründe des Papstes richtig wiedergeben, dann sind solche Überlegungen die Beweggründe, die Unser-Vater-Bitte neu zu schreiben. Der alte Wunsch, Gott als den reinen Gott der Liebe herauszudestillieren.

Aber haben wir es dann noch mit dem Gott der Bibel zu tun, mit ihm, dem Jesus von Nazareth vertraute und den wir den Christus nennen? War am Ende ein Gegengott im Spiel bei der Kreuzigung – und Gott (un)fein raus? Genug der Spekulationen, schauen wir doch, was da steht. Die deutsche Zürcher Übersetzung folgt im Gegensatz zu französischen und anderssprachigen Übersetzungen 1:1 dem griechischen Wortlaut. „Und führe uns nicht in Versuchung“. (kai mä eisänänkäs eis peirasmon).

Aber halt. Hat Jesus griechisch gebetet? Kaum. Er hat seinen Glauben in der Muttersprache mitbekommen und weitergegeben. Es ist also anzunehmen, dass es eine hebräische Vorlage zu dieser Bitte gegeben haben muss, die dann der Evangelist Matthäus, wie bekannt und richtig übersetzt in griechischer Sprache festgehalten hat.

Nun ist es natürlich eine Mutmassung, wie dieses vermutete Original gelautet haben könnte. Immerhin haben sich Gelehrte mit guten Hebräisch-Kenntnissen dazu schon längst geäussert. Pinchas Lapide etwa schrieb 1987 in seinem Bändchen „Ist die Bibel richtig übersetzt? dazu: „Bei der Rückübersetzung … stossen wir auf ein Zeitwort (havé), das vom Verbum „kommen“ abgeleitet wird und entweder „bringen“ oder „führen“ (causativum) [Veranlassungsform] oder „kommen lassen“ (als permissivum) [Zulassungsform] bedeuten kann.

Das ist aufschlussreich und scheint mir wichtig zu bedenken. Gott ist nie einfach draussen. Er ist immer mit dabei, ob das angenehm ist oder nicht. Wir können ihn nicht aussen vorlassen, dass die Theologie aufgeht, wie eine Rechenaufgabe. Das Leben und das Vertrauen ist nun mal komplex und kompliziert. Das tut weh, sogar sehr weh, bis an den Rand der Verzweiflung. Und genau das kommt auch in der eindringlichen Bitte zum Ausdruck, die zu den Bitten des Unser Vaters gehört. Ob Gott veranlasst oder zulässt. So oder so ist er es. Wir haben es so oder so mit ihm zu tun. Lass nicht zu, führe nicht … in die Versuchung, in die Abgründe, ins Verfehlen … Gott ist und bleibt unser Adressat des Gebetes, er – die unaussprechliche Schöpferkraft – soll das verantworten, was uns verunsichert, was uns gefährdet, was wir dabei durchmachen, erleiden, erleben. Gott soll antworten und sonst keiner.

„Stell is nid uf d Prob!“ schlägt die berndeutsche Übersetzung vor. Das Ehepaar Bietenhard vereinigt theologische und philologische Kompetenz. Sie bringen zum Ausdruck: Unser Gottvertrauen darf nicht zum Testlauf werden. Um Himmels willen! Möge es doch gelingen, den liebenden Gott zu finden, trotz allem, was uns davon abhalten kann. Zum Glück ist die Geschichte mit Isaak am Ende noch gut herausgekommen. Sicher war dabei nicht unbedeutend, dass Abraham es in der schweren Situation nur mit dem Gott und keiner anderen Macht zu tun haben wollte. Sein Gefühl in einer Vertrauensporbe zu stecken, ist unausstehlich. Der Test ist und bleibt immer eine grausame Geschichte. „Stell is nid uf d Prob!“ ist Bitte und Abgrenzung zugleich. Möge das nie wieder so sein. Darum nimmt Jesus das Anliegen in sein Gebet auf, das wir bis heute mitbeten.

Es ist keine Lösung, dem einen Gott einen Ungott Satan vis-à-vis zu stellen, dem wir alles Schlechte unterstellen, um einen Gott der reinen Liebe zu gewinnen. Es bleibt uns nur der beschwerliche Zugang. Was für eine hilflose Liebe wäre das, die sich aus den schwierigen Dingen raushält. Ich glaube nicht, dass sich Jesus einem solchen Gott anvertraut hätte. Schon seinetwegen können wir Gott nicht dispensieren, wenn es schwierig wird. Wir brauchen darum auch die Unser-Vater-Bitte nicht umzuschreiben. Damit wäre nichts gewonnen.

Weiterer Beitrag zum Thema:

«Führe uns nicht in Versuchung … ?!» von Stephan Jütte

 

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25 Kommentare
  • michael vogt
    Gepostet um 21:44 Uhr, 11. Dezember

    die liebe ist erst dann „rein“, wenn sie auch unter extremer blastung nicht mit gewalt reagiert, nicht zu hass und rache aufruft. als ich den film „the last temptation“ von martin scorsese gesehen hatte, fragte ich mich, warum am eingang fromme frauen flugblätter verteilten, die vor dem betreten des kinos bewahren wollten: die sexuelle beziehung von jesus zu maria magdalena, von der er im sterben träumt, wurde von scorsese in ein derart fahles licht getaucht, dass null werbeeffekt dafür davon ausging. jesus hatte möglicherweise eine hundertfache sexualpartnerin (mk 10.30). sein ausserordentlicher sinn für das soziale war möglicherweise ebenso von ihr geprägt wie von seinem vater. und sie bewahrte ihn vor jeder übervorteilung anderer (1thess 4.6) – er hätte ja womöglich für jede nacht eine andere haben können, wem immer sie gehörte. huntertfach heisst nicht exzess, so dass er dahergekommen wäre wie jener gebeugte, ja beinahe krüppel, dem im film „was Sie schon immer über sex wissen wollten“ ein arzt einen vierstündigen orgasmus induziert hatte. eine parallele zwischen orgasmus und erleuchtung: man tut etwas, und plötzlich bricht die urflut ein. da braucht man dann nichts mehr zu tun. „führe uns nicht in versuchung“ heisst, führe uns zur erleuchtung. so kommen wir nicht in versuchung und bleiben in einer allfälligen endzeitlichen, apokalyptische katastrophe, die mit dem wort versuchung auch gemeint sein kann, mensch. vielleicht korrigiert der papst diesen text aus verzweiflung, weil er das mit anderen, mit denen er das noch so gerne tun würde, nicht tun darf – die die frauenordination und das zölibat betreffen. um schonendes, empathisches anhalten wird gebeten.

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  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 09:27 Uhr, 12. Dezember

    „Führe uns nicht in Versuchung…“ oder meinetwegen auch “ Bewahre uns vor – oder in der – Versuchung…“ – wer immer da herumdoktern möchte, hat ein Gottes-Wunsch-Bild vor Augen und möchte diesem zum Durchbruch verhelfen. Für sich und für andere. Einerseits verständlich, andererseits unmöglich. Denn letztlich ist, was immer wir mit „Gott“ bezeichnen, „unvorstellbar“. Konkret: wir können „Gott“ nicht v o r uns s t e l l e n wie einen Gegenstand oder ein irdisches Lebewesen. Deswegen ist es auch ein Unding, alte Texte ummodeln zu wollen. Ich empfehle da seit Langem: „AB INS MUSEUM!“ Nicht in den Papier- oder Abfallkorb, sondern – ehrfurchtsvoll – dorthin, wo man, was nicht mehr aktuell alias zeitgemäss ist, betrachten und auch bewundern kann. Dem Papst empfehle ich, sich lieber mit dem „Hinauswurf der Frauen“ zu beschäftigen. Der hat – von Paulus geprägt – sehr viel Ungerechtigkeit und auch Leid verursacht und war und ist immer noch für mich ein „Schlag ins Gesicht Jesu“.

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  • Anonymous
    Gepostet um 09:33 Uhr, 12. Dezember

    Mich berühren die redlichen und tiefsinnigen Gedanken von Dir, Thomas, sehr, und sie erinnern mich an Gedichtzeilen von Hilde Domin aus ihrem Poem: Die schwersten Wege:
    Die schwersten Wege werden allein gegangen, / die Enttäuschung, der Verlust, das Opfer, sind einsam. / Selbst der Tote der jedem Ruf antwortet und sich keiner Bitte versagt / steht uns nicht bei und sieht zu ob wir es vermögen. / …. In diesen Versen fasst die Dichterin das in Worte, was nicht im Entferntesten an den mitgehenden und barmherzigen Gott erinnert, und dennoch oder gerade deshalb eben auch zu ihm gehört, weil er eben jegliche Bilder übersteigt und sprengt.. Tiefe Einsamkeit, unerklärbarer Verlust, schuldlos in die Opferrolle geraten, grenzenlose Enttäuschung erleben, das umschreibt für mich sehr treffend die schweren Versuchungen, in welche Menschen geraten können, und Gott lässt es zu und sieht zu, ob wir es vermögen. Später heisst es in dem Gedicht von Hilde Domin: Stehen bleiben und sich umdrehen hilft nicht / Es muss gegangen sein. / Nimm eine Kerze in die Hand / wie in den Katakomben, / das kleine Licht atmet kaum. / Und doch, wenn Du lange gegangen bist / bleibt das Wunder nicht aus, / weil das Wunder immer geschieht, / und weil wir ohne die Gnade nicht leben können: //

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  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 09:34 Uhr, 12. Dezember

    Lieber Michael, sicher gut gemeint, was Du da schreibst, aber dieses Mal sehr wirr und im Grunde auch kein wirklicher Beitrag zum Thema. Eigentlich schade. Aber Du wärst wahrscheinlich nicht Du wenn Du nicht gelegentlich auch „so was“ schreiben würdest… Gruss Reinhard

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    • michael vogt
      Gepostet um 14:52 Uhr, 12. Dezember

      lieber reinhard, danke für die rückmeldung. der nach unten zeigende daumen ist nicht von mir. habe den kommentar nochmal gelesen und finde nichts wirres darin und nichts, was am thema vorbei geht, bin mir jedoch des risikos bewusst, nicht, anders oder irgendwie sonstwie verstanden zu werden.

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  • Marcus Degonda
    Gepostet um 09:38 Uhr, 12. Dezember

    Gott ist nicht gut oder böse, Gott IST! Er führt auch nicht in Versuchung. Das macht der Mensch schon selber. Schon am Anfang warnt Gott die Menschen davor, sich anzumassen, Gut und Böse selber festzulegen (der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse), weil sie sich damit nur Probleme aufhalsen. Sie tun es dann doch und verlassen damit das Paradies. Um die Verantwortung für ihr Handeln abzuschieben, erfinden sie die Geschichte mit der Schlange und der Vertreibung. Und der Depp legt noch einen drauf, indem er die Frau als die Schuldige hinstellt.

    So gesehen ist die Bitte, uns nicht in Versuchung zu führen, eine Bitte um Hilfe, damit wir uns nicht selber immer wieder in Schwierigkeiten bringen, indem wir festlegen wollen, was gut ist und was böse (besser und schlechter sind Steigerungsformen, die wir im Wettbewerb/Kampf einsetzen).

    „…. bewahre und vor dem Bösen“ hiesse dann „…. schütze uns vor uns selber“.

    Ich denke, wir sollten nicht das Vaterunser umschreiben, sondern versuchen, es zu verstehen.

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    • michael vogt
      Gepostet um 16:10 Uhr, 12. Dezember

      und die warnung, haben sie die auch erfunden? oder löst das verbot – wie paulus und freud sagen – das verbotene um so mehr aus. der in der abendkühle im garten wandelnde anerkennt die argumentationen von eva und adam. und hat adam dieses schlangenförmige selbst an sich angemacht, das sich aufzurichten und zu reden beginnt, wenn eva näher kommt? ja, man kann es nicht auf sie abschieben, denn: warum kommt sie näher? „gott hat keine farbe“, sagt meister eckhart, und präzisiert dann: „keine farbe heisst alle farben.“ eberhard jüngel sagte in den achtzigern, auf die frage nach dem warum gebe es weder im licht der vernunft noch im licht der offenbarung eine antwort. auch wenn wir zum eindruck kommen, der in der abdenkühle sei sich seiner verantwortung bewusst, ist auch das noch nicht eine vollständige antwort: warum so? erst in der lichtherrlichkeit der zukünftigen vollkommenheit offenbart sich, wie der professor für systamatische theologie weiter ausführte, die vollständige antwort, die vollkommene erkenntnis. im schauen von angesicht zu angesicht. vorher bleibt, wie jede antwort, auch die auf die frage nach dem warum, und sie vielleicht noch ein quentchen mehr, stückwerk.

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  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 10:37 Uhr, 12. Dezember

    Lieber Marcus, wenn Sie in Ihrem Text konsequent „ich glaube“ oder „für mich“ oder „meiner Erkenntnis/Überzeugung nach“ geschrieben hätten, wäre das „in meinen Augen“ ehrlich(er) und hilfreich(er) gewesen… Wir sollten uns ,meiner Meinung nach etwas mehr r e l a t i v i e r e n, wenn es um Glauben(s-Aussagen) geht, meine ich.

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    • michael vogt
      Gepostet um 16:25 Uhr, 12. Dezember

      das ist doch in seinem letzten satz gut gewährleistet, und er kommt auch sonst nicht absolut daher. paradoxerweise habe ich bei dir immer wieder etwa den eindruck, dass du gerade etwas sehr eindeutig und „wissend“ daherkommst – wie immer man das werten will. der daumen nach unten ist auch hier nicht der meine.

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    • Marcus Degonda
      Gepostet um 17:50 Uhr, 12. Dezember

      Lieber Reinhard,
      wenn ich etwas schreibe, ist es meine Meinung, das, was ich glaube. Darum glaube ich nicht, dass es nötig ist, in jedem Satz zusätzlich noch „ich glaube“ oder „für mich“ einzufügen. Es steht Dir aber frei, für Dich etwas anderes zu glauben. Gott ist da, glaube ich, nicht so heikel.
      Es gibt Leute, die glauben, dass sie wissen, und es gibt solche, die wissen, dass sie glauben.

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      • Reinhard Rolla
        Gepostet um 22:47 Uhr, 12. Dezember

        Prima: Du g l a u b s t, dass „Gott da nicht so heikel ist…“ Da bin ich schon zufrieden mit der Formulierung, lieber Marcus.

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  • Anonymous
    Gepostet um 13:25 Uhr, 12. Dezember

    Im Grunde genommen ist es doch diese Bitte, die uns in ihrer klassischen Übersetzung, immer wieder daran hindert dieses Gebet einfach herunterzuleiern! Gott ist in diesem Gebet! Und er bleibt uns durch diese Bitte als ein aktives, oftmals enigmatisches und doch vertrauenswürdiges Gegenüber erhalten!

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  • Bernd Kaempf
    Gepostet um 20:40 Uhr, 12. Dezember

    Gott ist Gott! Darüber komme ich nicht hinaus. Ich erkenne aber immer mehr, dass ich das tun soll, was Gott will, das ich tun soll. Das geschieht oft spontan aber eben nicht immer. nach seinem Willen. Und das ist genau der Punkt. Welcher Glaubende hätte nicht mal eine Versuchung erlebt, durchlitten und überstanden? Da ist doch die Bitte um Bewahrung verständlich. denn sie ist aus der Erfahrung geboren und hat etwas mit Angst zu tun. Wenn wir Gott als den Handelnden und letztlich Verantwortlichen ansehen und ihm das auch zutrauen, so können wir die Versuchung letztlich auch nicht als „böse“ betrachten (vielleicht als sehr schlimm). Es würde sonst der Aussage, dass Gott die Liebe ist, widersprechen. Allein aus diesem Grund betrachte ich die neue Übersetzung des Papstes als unnötig und nicht zielführend.

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  • THOMAS GROSSENBACHER
    Gepostet um 20:41 Uhr, 12. Dezember

    Lieber Anonymus
    „Häsch du en Name?“
    Du adressierst mich persönlich und ich weiss nicht wer sich hinter den lesenswerten Gedanken verbirgt.
    Vielleicht interessiert’s ja andere auch.
    Herzlich und noch unbekannterweise …

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    • Jürg Baumgartner
      Gepostet um 11:32 Uhr, 15. Dezember

      Ja, lieber Thomas, der erste Anonymus-Beitrag (mit den Anleihen bei Hilde Domin) wurde von mir, Jürg Baumgartner verfasst, dem Kollegen in Zürich-Wollishofen! Bin noch kein gewohnheitsmässiger Blogger, aber diese Diskussion schien mir derart interessant (zumindest zu Beginn), dass ich mal was gepostet (nein, eben gebloggt habe). Gesegnete Tage!
      Jürg

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 21:42 Uhr, 12. Dezember

    M.E, das beste Antileiermittel (aber nicht nur das), mein Favorit: Am Ende „Herrlichkeit“ durch „Herzlikeit“ erstzen:-)

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  • Michael Scharfenberger
    Gepostet um 03:22 Uhr, 13. Dezember

    Ich trau mich mal eine konsequente Frage zu stellen: Liebe Schreibgemeinschaft: Vielen Dank für diesen Artikel und die Kommentare. Sie haben mich angeregt, über etwas nachzudenken, dass ich hier gerne einmal ezählen möchte.

    Meine Mutter hat eine Form von Demenz, in der sie Psychosen erlebt. Ab und an sieht sie den Teufel im Baum hocken, obwohl sie fast blind ist. Dann jagt sie ihn mit Gebeten weg, oder bittet die Pfleger, ihn wegzuschicken. Sie ist reformiert erzogen, in einem protestantischem Strich Deutschlands in einer humanistischen Kaufmannsfamilie großgeworden und hat im Laufe ihres Lebens auf Wunsch meines katholischen Vaters uns Kinder religiös sozialisiert. Heute staune ich über ihre immer weiser werdende Art und – jetzt komm‘ ich auf den Punkt – ihre Empfehlung die Vaterunser-Bitte doch so verstehen zu mögen: „und führe uns durch die Versuchung“.. Das hier gesagte drängt zum Änderung der Denkungsart. Eine Antwort hab ich noch nicht.
    Wäre es nicht hilfreicher, die Unser-Vater-Bitte einmal religionspsychologisch zu verstehen zu suchen? Hier oben höre ich lichterlehrend-literarische, gottesgelehrente und letztdingliche Argumente. Was ist eigentlich mit den menschlichen: Versuchungen gibt es; aber besiegeln nicht Glaube. Liebe Hoffnung den Wunsch, dass nicht alles von uns selbst abhängen möge und auch nicht abhängt?
    Welchen Brief würde meine Mutter wohl an Papst Franziskus schreiben?

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    • michael vogt
      Gepostet um 06:23 Uhr, 15. Dezember

      wenn es eine änderung der denkungsart braucht, ist wohl nicht gemeint „durch hindurch“, sondern „mittels“. hiob wurde durch die versuchung hindurch geführt, aber auch mittels der versuchung zur erfahrung „jetzt habe ich dich mit meinem eigenen auge gesehen“. religionspsychologisch verstehen: selbstverständlich. hier geht es aber um die frage, wie ein liturgischer text allgemeinverbindlich aussehen soll.

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  • Andrea Rembges
    Gepostet um 08:47 Uhr, 13. Dezember

    Gilt es nicht zu unterscheiden zwischen der Neuübersetzung, die der Papst vorbringt und seiner dualistischen Erklärung?

    Während das Zweite in meinen Augen sicherlich diskutabel ist, finde ich es mehr als gerechtfertigt, über das Erste nachzudenken.
    Wie Thomas Grossenbacher schrieb, hat Jesus nicht griechisch gebetet,
    Seine Umgangssprache war das Aramäische.

    Ähnlich wie Pinchas Lapide schlägt der evangelische (!) Theologe und Aramäist Günther Schwarz eine, wenn auch etwas sperrige, Formulierung vor, die die Ambiguität der Veranlassungform/Zulassungsform widerspiegelt: „und lass retten uns aus unserer Versuchung“.

    Oder anders gefragt: Warum ärgert uns Reformierte dieses päpstliche „ad fontes“ so sehr?

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  • Dr. Bernd Kaempf
    Gepostet um 11:25 Uhr, 13. Dezember

    Das ist eine gute Anregung. Leider führt die Psycholgie in der Auslegung der Bibel nur ein Schattendasein. Dabei kann der Mensch mit seinen Bedürfnissen und seinen Existenzängsten nicht ausschließlich durch eine Schriftanalyse betrachtet werden. Diese beschäftigt sich vornehmlich mit dem, was die Schreiber eigentlich sagen wollten. Die Persönlichkeit des Lesers, sein Innerstes Wesen beinflußt und bestimmt in gewisser Weise die für ihn ganz allein gültige Wahrheit. Natürlich für den Glaubenden nicht unabhängig vom Worte Gottes (Jesus Christus), das/der in ihm wohnt. Wie im einzelnen der Papst oder Luther übersetzt, kann hilfreich sein, muss es aber nicht.

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    • Michael Scharfenberger
      Gepostet um 17:50 Uhr, 13. Dezember

      Sehr geehrter Herr Dr. Kaempf, darf ich fragen, was Sie denn damit meinen, dass die Psychologie in der Auslegung der Bibel nur ein Schattendasein führe?
      Öffentlichkeitswirksam ist doch etwa religionspsychologisch Eugen Drewermann und irgendwie einzigartig das work in progress des reformiert geprägten Klaas Huizing (Entängstigt euch, Ästhetische Theologie, sein neustes Buch zur Sünde). Ein altvorderer war der katholische Urs von Balthasar. Und aus meiner Studienzeit erinnere ich noch Ina Praetorius.
      Zugegeben: dies sind alles systematische Denkstile oder Denkungsarten, welche wohl doch einen Rückschlag auf das „Vaterunser“ haben müssten. Und zwar insofern, als hier der Unterschied von liturgischer Formelbestimmtheit und gebetshaftem Mit-vollzug wichtig ist.
      Falls ich Sie richtig verstanden haben sollte: Meinen Sie, dass es bei der alten, traditionellen Liturgieformel bleiben sollte, und jede*r diese betet, im Geheimen aber das innewohnende Einverständnis mit“flektiert“?
      In diesem Sinne kann ich folgender einfach gehaltenen Formulierung von Heinz Zahrnt wieder viel Psychologisches und Gehaltvolles abgewinnen, denn sie hat eine Grenzsituation von glauben im Blick, die des angefochten-seins (wenn wir mit der Sprache Gottes nicht mehr verbunden scheinen/sind:

      „Stets sind es konkrete Anlässe, die einen Menschen in Versuchung führen (….) Nichts, was dem Menschen nicht zur Versuchung geraten könnte (…) Er lebt in einem >Teufelskreis<. Ausgespannt zwischen Himmel und Erde, ist der Mensch von seinem Ursprung her ein labiles Wesen. (…) Sein Verlangen nach elementarer Sinnlichkeit und seine Sehnsucht nach dem Absoluten, ja nach der Liebe Gottes stammen aus einem und demselben Grund. Sie sind der Ausdruck seiner Geschöpflichkeit: daß er im Grenzbereich des Ewigen, Wand an Wand mit Gott lebt – ein endliches Geschöpf des unendlichen Gottes. Und das ist etwas, das ihn unruhig und versuchlich macht. In der Versuchung steht die Freiheit des Menschen auf dem Spiel. (…) Der Beter des Vater-unsers nimmt in der Anfechtung seine Zuflucht zu Gott und wirft sich ihm in die Arme."

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      • michael vogt
        Gepostet um 07:29 Uhr, 15. Dezember

        sich einem vater in die arme werfen als alternative zu einer nicht angezeigten sexuellen beziehung – das kann nicht restlos überzeugen

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      • Dr. Bernd Kaempf
        Gepostet um 14:49 Uhr, 15. Dezember

        Lieber Herr Scharfenberger,
        die Aktivität im Schattendasein bleibt ja nicht verborgen. Was nach meiner Meinung fehlt, ist die Anerkennung in weiten Kreisen der christlichen Kirchen. Eugen Drewermann ist jemand, der sehr engagiert die Notwendigkeit der Einbeziehung der Psychoanalyse in eine Weiterentwicklung der Reformation vertritt. Ich bin da auch dieser Meinung, dass sonst eine Kommunikation des fragenden Christen mit der Bibel nicht ‚heilend‘ möglich sein kann. Es gibt Schriftstellen, die Angst machen und wo auch Luther keine Lösung anzubieten hatte. Der Papst hat das ja durch seine Auslegung zum ‚Vater unser‘ wieder deutlich gemacht.

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        • Corinne Duc
          Gepostet um 02:20 Uhr, 16. Dezember

          Sich offen und kritisch mit moderner Psychologie zu beschäftigen hilft sicher, ganz generell wo es um das Verstehen menschlichen Handelns und Denkens geht. Allerdings sind manche psychologischen Lehren selbst mit erheblichen Anteilen an ideologischem Ballast verbunden, der unter Umständen eben gerade verhindert dass man sich von solchem Ballast befreien kann.

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        • michael vogt
          Gepostet um 06:27 Uhr, 16. Dezember

          ich sehe es als eine leistung von schrift und tradition, alles auf einen vater zurückzuführen, hinter allem etwas, worauf man vertrauen kann – auch wenn ich darauf komme: ja, vater, aber nicht nur.

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