Der Reichtum der Kirche

„Als aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, liess er ihm durch seine Jünger sagen:

Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? Jesus antwortete: Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr seht und hört: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören. Tote werden auferweckt und Armen wird die frohe Botschaft gebracht,und selig ist, wer an mir keinen Anstoss nimmt.“ (Mt 11,2f)

Ich erinnere mich, wie ich einen Brief erhielt von einem Mann: Er trete erst wieder der Kirche bei, wenn hier Aussätzige rein würden und Tote auferstünden. Ich habe ihm damals Unrecht getan. Ich dachte: Was erwartet er von der Kirche? Wie soll die das ausrichten?

Tatsache ist, wir können gar nicht weniger erwarten. Kranke hoffen auf Gesundheit, Ausgestossene, dass sie wieder aufgenommen werden. Wir erwarten, dass am nächsten Morgen die Sonne aufgeht.

Es gibt Erwartungen, die sind lebensnotwendig: Dass die Welt ihren Bestand hat, dass der Weg der Menschheit sich nicht im Dunkeln verliert, dass es für das eigene Leben ein Ankommen gibt.

Die Erwartungen der Menschen sind absolut, sie richten sich aufs Ganze. Wir können gar nicht anders. Darum ist die Antwort, die Jesus gibt, absolut, herrlich in der Kürze. Und es ist ein Schatz der Kirche.

Sie hat es nicht auszurichten, nur zu verkünden. Wie stümperhaft wären wir, wenn wir Tote erwecken wollten. Wir dürfen auf ihn hinweisen wie Johannes. „Nach mir kommt einer, der vor mir gewesen ist.“ Das ist die Berufung der Kirche, riesengross, aber auch bescheiden.

 

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17 Kommentare
  • michael vogt
    Gepostet um 07:31 Uhr, 13. Februar

    kurt marti zitierte epikur: „solange ich da bin, ist der tod nicht da. und wenn der tod da ist, bin ich nicht mehr da.“ (das ganz wörtliche zitat finden Sie leicht auf dem internet) damit lockerte er die notwendigkeit und die absolutheit, von denen Sie sprechen, auf. das finde ich sympathisch. „unser erkennen ist stückwerk“, sagt paulus, „wenn das vollkommene kommen wird“, was schon lange begonnen hat, auch wenn es erst in der vollkommenheit zur vollendung kommen wird, und was wohl auch geschieht, wenn der tod kommt, „wird das stückwerk abgetan werden.“ ich kann jeden verstehen, der das stückwerk satt hat. insofern stimme ich dem verstorben zu, wenn er sagt, er wisse nicht, was nach dem tod kommt. ich habe selbst vor einiger zeit alle inhalte von meiner webseite entfernt. ein paar stunden lang stand dort: „leer, kein stückwerk mehr“. aber auch das störte mich wieder, und es ist nicht mehr da. fragte mich auch, ob ich die hintergrundfarbe noch entfernen soll. rosa loui bestärkte mich aber, sie zu lassen. andererseits ist die theologische meinung die, dass das vollkommene sich dem unvollkommenen durch das stückwerk verständlich macht. in diesem sinne möchte ich sagen: doch, wir werden kurt marti wiedersehen. er wird vollkommen erleuchtet sein.

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    • Esther Gisler Fischer
      Gepostet um 15:55 Uhr, 17. Februar

      Vielleicht will uns aber Kurt Marti nicht mehr wiedersehen lieber Herr Vogt! Spass beiseite: Kurt Marti glaubte nicht an ein individuelles Weiterleben nach dem Tod. Er glaubte jedoch an die Auferstehung derer, die im Diesseits leben:

      Ihr fragt
      wie ist die auferstehung der toten?
      ich weiß es nicht

      ihr fragt
      wann ist die auferstehung der toten?
      ich weiß es nicht

      ihr fragt
      gibt’s
      eine auferstehung der toten?
      ich weiß es nicht

      ihr fragt
      gibt’s
      keine auferstehung der toten?
      ich weiß es nicht

      ich weiß
      nur
      wonach ihr nicht fragt:
      die auferstehung derer die leben

      ich weiß
      nur
      wozu Er uns ruft:
      zur auferstehung heute und jetzt

      (Kurt Marti, Leichenreden, Frankfurt a.M. 1976, 25.)

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  • Seraphim Weibel
    Gepostet um 08:57 Uhr, 13. Februar

    Guten Tag Herr Winiger, Ich bin mir nicht sicher ob die Kirche den Auftrag hat das Heil zu verkünden in diesem wörtlichen physischen Sinne. Wunschdenken, und Hoffnung auf Genesung aus bequemilichkeit einem Unheilbaren Kranken zu fördern. Nein. Wir achten die Hoffnung, der Wunsch nach Wachstum in einem Menschen, aber wir überlassen ihn nicht naivem Wunschdenken. Wir gehen weit darüer hinaus, zur Versöhnung mit der Realität, das Heil der Seele nicht des Körpers. Projektionen ins jenseits, auf imaginierte Personen sind nur mit grosser Vorsicht als Hilfsmittel zu verwenden. Diese Übungen wirken zweifellos. Wenn Sie helfen gut. Es gibt Menschen die in Ihrer Not nur auf diese Methoden noch ansprechen. Im Normalfall ist aber die Aussöhnung, die Akzeptanz der Realität zu bevorzugen. Das reflektieren der eigenen Ansprüche, der Ansprüche die aus meiner Familie und der Umgebung erwachsen und aus diesem Prozess einen Entwurf zu gestallten in der ich selber mir und meiner Umgebung genügen kann. Das ist Arbeit und geht nicht von heute auf morgen. Der Gewinn hingegen ist die Entfaltung der eigenen Möglichkeiten deren und auch der Einschränkungen Akzeptanz.

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  • Felix Geering
    Gepostet um 12:13 Uhr, 13. Februar

    Schöner Text, und wichtiges Thema. Ich erlaube mir, den Bibeltext ein wenig anders betont nachzuerzählen:

    „Als Johannes von den Werken des Heilands [1] hörte, liess er ihm durch seine Jünger sagen:
    Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?
    Jesus antwortete: Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr seht und hört:
    Blinde werden operiert und sehend, Sehbehinderte bekommen Sehhilfen,
    Lahme werden operiert und können gehen, Gehbehinderte bekommen Gehhilfen,
    Verstossene werden nicht mehr als eklig erklärt, sondern wieder in die Gemeinschaft integriert,
    und Taube bekommen Hörhilfen und hören.
    Tote werden reanimiert,
    und Armen wird weltweit die frohe Botschaft gebracht,

    Und selig ist, wer an mir keinen Anstoss nimmt.“

    Wer Augen hat zu sehen, der sehe: Das Reich Gottes ist mitten unter uns Realität.
    Die moderne Medizin und Technik hat Vieles hervorgebracht, von dem die Ausgestossenen, Bilnden, Lahmen zur Zeit Jesu nicht malö träumen konnten. Das ist für mich ein sehr greifbares, kräftiges, handfestes Stück vom Reich Gottes. Jetzt!

    1] Christus = Messias; Jesus = Jeschua = Heil, ergo Heiland

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    • michael vogt
      Gepostet um 15:30 Uhr, 13. Februar

      sah jesus kranke, starb er während seines lebens. der tötende, trennende, krankmachende tod in ihnen starb mit ihm, und sie wurden gesund. wie die wundergeschichten genau zu verstehen sind, weiss ich nicht. aber es würde mich nicht verwundern, wenn da etwas geschehen sein sollte, was die damaligen verwunderte – und wenn eigentlich unsere moderne, technisierte medizin „alternativmedizin“ genannt werden müsste.

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 22:56 Uhr, 13. Februar

    Haben in solchen als „absolut“ verstandenen Erwartungen auch die anderen Religionen ihren Platz, oder müssen wir auf Reformation 2.0 warten? – Auf dass die sozialhistorischen Kontexte unserer eigenen Interpretationen wie der biblischen Texte (hypotherisch) mitzureflektieren zur Selbstverständlichkeit wird?

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    • michael vogt
      Gepostet um 00:50 Uhr, 14. Februar

      die reformation der reformation oder die erweiterte reformation sucht analogien in anderen religionen, auch in den nicht-religionen, und findet sie auch. zb ist ja auch hiob geheilt worden, und da er gott mit seinem eigenen auge gesehen hat, nehme ich an durch den tod während des lebens.

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    • Felix Geering
      Gepostet um 09:20 Uhr, 14. Februar

      Es ist vermutlich kein Zufall, dass die moderne Medizin und Technik ausgerechnet in Westeuropa entstanden ist. Aus meiner Sicht brauchte es dazu das Fundament „christliches Abendland“ bzw. dessen Menschenbild und Weltbild.

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      • Felix Geering
        Gepostet um 09:22 Uhr, 14. Februar

        Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit hab ich auch noch vergessen. Ist auch auf dem Fundament des christlichen Menschenbildes und Weltbildes entstanden.

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      • Esther Gisler Fischer
        Gepostet um 10:53 Uhr, 17. Februar

        Und wohin hat uns diese Technick gebracht? Ausbeutung von natürlichen Ressourcen und die Knechtung ganzer Teile unserer Welt durch das nicht nachhaltige kapitalistische Wirtschaftssystem sind deren Kehrseite.

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        • Felix Geering
          Gepostet um 12:16 Uhr, 18. Februar

          Ja, es stimmt: Da ist auch sehr sehr viel Schatten. Und gerade auch die moderne Medizin treibt sehr viel Unfug, der die Menschen nicht heil macht, sondern kränker.

          Trotzdem möchte ich nicht tauschen mit den Menschen, die vor 2000 Jahren lebten. „Alles prüfen, das Gute behalten“ ist uns selber aufgetragen.

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    • Esther Gisler Fischer
      Gepostet um 10:50 Uhr, 17. Februar

      Ja genau: Theologie ist immer kontextuell und wurde/wird vielfach inkulturiert in andere Kulturen.

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      • Esther Gisler Fischer
        Gepostet um 10:51 Uhr, 17. Februar

        Ist leider kein christliches Eigengut; -sorry: Und Geschwisterlichkeit bze. Gleichstellung der Geschlechter musste und muss heute noch gegen kirchliche WIderstände erkämpft werden!

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        • Felix Geering
          Gepostet um 12:23 Uhr, 18. Februar

          Geschwisterlichkeit und Gleichheit haben trotzdem Jesus und Paulus erfunden (Gal.3,28).

          Wobei noch anzumerken ist: Die Gleichheit gibt es zwar für alle und kostenlos, aber nicht „in dieser Welt“ oder „im Humanismus“, sondern „in Christus“. Das scheint mir noch elementar. Und es begründet auch, warum es so oft nicht klappen will mit der Gleichheit.

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 19:56 Uhr, 19. Februar

    Cicero, de officiis
    XLIIV. 155. Hieraus erhellt, daß den Bestrebungen und Pflichten der Wissenschaft die Pflichten der Gerechtigkeit vorzuziehen sind; denn sie haben die Menschenliebe zum Zwecke, welche den Menschen unter allen Dingen am Meisten am Herzen liegen muß.
    (Aller Wahrscheinlichkeit nach war es im vorchristlichen Rom schon so, dass den heeren Worten nicht eben so viele heere Taten folgten.)

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