Fräulein Pfarrerin

Es passierte, als ich vor einigen Jahren eine Jubilarin besuchen sollte.
Ich packte meine handgeschriebene Karte, organisierte Blumen und machte mich also auf den Weg. Doch, wie war gleich nochmal die Adresse? War es nun „Untere Weide“ oder doch „Oberer Boden“? Ich wusste es beim besten Willen nicht mehr.

Natürlich gibt es auch im Emmental Strassennamen und Nummern. Nur ist es so, dass diese hier niemand verwendet. Jeder und jede kennt jeden Hof, und so braucht man auch keine Strassenbezeichnungen. Naja jeder, ausser die neue Pfarrerin eben. Die weiss es nicht.

Nach einigem Hin und Her scheine ich dann doch die richtige Häusergruppe gefunden zu haben. Bloss, welches der vier vor mir liegenden Gebäude ist das Zuhause der Jubilarin?

Zum Glück finde ich einen Mann, welcher gerade den Hof fegt. Und so frage ich ihn:
„Guten Tag, ich suche Frau Stettler, wo kann ich sie finden?“
Direkt und ohne Umwege erhalte ich eine Antwort: „Natürlich im Bauernhaus!“
Ja, wo sonst, muss er sich denken.
Trotzdem erlaube ich mir – und komme mir sehr mutig vor – die Anschlussfrage, welches denn das Bauernhaus sei.

Der Blick, den ich ernte ist erwartungsgemäss ungläubig:
„Na dieses hier. Die anderen sind Stall, Stöckli und Speicher.“
Den Stall hätte ich übrigens richtig erraten.

Kurz darauf – ich sitze unterdessen bei einer Tasse Tee mit Frau Stettler im Wohnzimmer – stürmt der gleiche Mann, den ich zuvor um Rat bat, ins Haus und fragt:
„Was wollte eigentlich dieses junge Fräulein vorhin?“

Da konnte ich es mir nicht verkneifen, erhob mich und stellte mich vor:
„Guten Tag, das junge Fräulein ist die Frau Pfarrerin.“

 

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30 Kommentare
  • Anonymous
    Gepostet um 07:36 Uhr, 20. Januar

    Buchempfehlung (ähnliche Geschichten von einer deutschen Pfarrerin): „Sonntagsarbeit“ von Christiane Müller.

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  • Esther Gisler Fischer
    Gepostet um 08:37 Uhr, 20. Januar

    „Das Fräulein ist tot, es lebe die Frau!“ hiess mal ein Ausspruch der Frauenbewegung in den 80er Jahren. Offenbar ist dies noch nicht bis ins Emmental gedrungen … 😉

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    • Verena Thalmann
      Gepostet um 10:28 Uhr, 21. Januar

      Nun denn….liebe Esther – du kennst mich ja, ich bin meistens direkt:
      War dieser „Frauenbewegungs-Gedanke“ wirklich nötig, nach dem so wohltuenden Beitrag von Mirja Zimmermann?
      en liebe Gruess Verena

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      • Esther Gisler Fischer
        Gepostet um 13:29 Uhr, 23. Januar

        Ja , weshalb nicht? An dem Beitrag fand ich gar nichts wohltuend. Dass solche sprachlichen Entgleisungen, auch eines Bauern auch heute noch passieren, beelendet mich eher!

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        • Verena Thalmann
          Gepostet um 16:43 Uhr, 23. Januar

          ….wenn man sich ausschliesslich auf das Thema Frauenrecht konzentrieren will, ist es verständlich.
          Ich sehe im Leben auch noch andere Wichtigkeiten.

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          • Esther Gisler Fischer
            Gepostet um 18:24 Uhr, 23. Januar

            LIebe Verena
            ich habemich nicht auf das „Frauenrecht“ bezogen, sondern die Frauenbewegung ins Spiel gebracht.
            Offenbar habe ich nicht gecheckt, was denn im Beitrag der Clou hätte sein sollen, wenn nicht das durch den altväterischen Bauern geäusserte almodische „Fräulein“, welches dann durch Frau Zimmermann korrigiert worden war. Du schreibst von „anderen Wichtigkeiten“. Es nähme mich wunder, welche du da in diesem Bericht detektierst hast, wenn nichtjene eines Frauenbildes aus dem letzten Jahrtausend. Und das hat eben bei der Göttin vel mit der Frauenbewegung zu tun!
            Sei herzlich gegrüsstvon
            Esther.

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      • Esther Gisler Fischer
        Gepostet um 14:07 Uhr, 23. Januar

        Und noch was: Weshalb Frau Zimmermann und den Leser_innen nicht klar machen, dass es eine Frauenbewegung gebeben hat, und Frauen von heute auf dem Schultern ihrer Mütter und Grossmütter stehen, welche gekämpft haben für ihre Rechte? Am 9. März startet dazu ein sehenswerter Film: http://www.goettlicheordnung.ch/

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        • Mirja Zimmermann
          Gepostet um 08:50 Uhr, 24. Januar

          Liebe Frau Gisler,
          Würden Sie mich kennen, wüssten Sie, dass ich mich unserem Erbe sehr wohl bewusst bin.
          Sie wüssten auch, dass ich mich seit Jahren politisch, wie theologisch für die Rechte der Frauen engagiere.

          Die Intention dieses Textes war es, eine Anekdote aus meinem pfarramtlichen Alltag, in einem ländlichen Kontext zu erzählen.
          Nicht mehr. Nicht weniger.

          Herzlich,
          Mirja Zimmermann

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        • Verena Thalmann
          Gepostet um 22:10 Uhr, 29. Januar

          Liebe Esther

          Ich hatte dir ja noch persönlich geantwortet — es ist nun etwas verständlicher geworden. Danke.
          Es ging mir ja um etwas ähnliches, das nun Mirja Zimmermann noch erwähnt hatte…..
          Gerade dieses „nicht mehr und nicht weniger“ hatte mich eben positiv angesprochen.
          lieben Gruss Verena

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  • Georg Vischer
    Gepostet um 09:14 Uhr, 20. Januar

    So ändern sich die Zeiten. Eine meiner Grosstanten, Marie Speiser (1901-1986) war eine der ersten ordinierten Frauen im Gemeindepfarramt: 1934 – 1958 und eine der Gründerinnen des schweizerischen Theologinnenverbandes. Sie muss es gewohnt gewesen sein, zeitlebens mit Fräulein Pfarrer angeredet zu werden.

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    • Esther Gisler Fischer
      Gepostet um 15:06 Uhr, 20. Januar

      Mit Verlaub: das war doch noch eine andere Zeit, als die, in der Kollegin Mirja Zimmermann tätig ist!

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  • Barbara Oberholzer
    Gepostet um 09:20 Uhr, 20. Januar

    Gefällt mir gut, der Beitrag. Für mich nicht nur lustig, sondern auch wichtig. Als Erinnerung daran, dass es in der Schweiz auch gutes Leben ausserhalb Züris gibt ?

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    • Mirja Zimmermann
      Gepostet um 14:40 Uhr, 20. Januar

      Stimmt. Das Emmental ist wunderbar. Ich möchte nicht tauschen.

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    • Esther Gisler Fischer
      Gepostet um 15:07 Uhr, 20. Januar

      So gut wäre dieses Leben für mich mit der Anrede „Fräulein“ indes nicht; -da pfeif‘ ich auf die ländliche Idylle!

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      • Mirja Zimmermann
        Gepostet um 15:55 Uhr, 20. Januar

        Es ist weder ständig idyllisch noch kommen solche Situationen täglich vor. Mir gefällt es tatsächlich in dieser Region, so wie es anderen in der Stadt besser gefällt. Und das ist doch ganz gut so.

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      • Richard Böck
        Gepostet um 16:27 Uhr, 20. Januar

        Ist es denn so Überlebensnotwendig, wenn eine Frau mal von einem älteren Herrn mit Fräulein angesprochen wird? Es gibt tatsächlich wichtigeres im Leben.
        Zu mir dürfen die Leute du oder sie sagen und wenn sie sagen ist das auch gut. Mir ist der Mensch wichtig und nicht das ständige lauern auf die korrekte Antwort.

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        • eine Frau
          Gepostet um 17:45 Uhr, 20. Januar

          Nun ja, überlebensnotwendig ist es nicht. Ich überlebe bestens mit der Anrede „Frau“ ;).

          Wenn Sie jemand mit „du“ anspricht, so können Sie diese Person ebenfalls duzen und sind so wieder auf der gleichen Ebene. Wenn ein Mann eine Frau als „Fräulein“ anspricht, so ist das eine Verkleinerung, die Sie sprachlich nicht auch auf den Mann anwenden können. Für mich bleibt immer ein gefühltes reduzieren. Das Fräulein als „nicht-volle“ Frau, die nicht die gleiche Gewichtigkeit hat wie eine Frau und schon gar nicht wie ein Mann.

          Die Art und Weise wie wir angesprochen werden ist wichtig. Ich denke die wenigsten mögen es, wenn sie mit dem falschen Namen, einer unbeliebten Kurzform angsprochen oder mit dem falsch ausgeschriebenen Namen addressiert werden. Mit der Sprache wird Macht ausgedrückt. Und gerade wenn uns der Mensch wichtig ist gehört die Anrede oder Wortwahl dazu, mit der sich diese Gruppe identifiziert: Seien dies Frauen, intersexuelle Menschen, Menschen mit einer Behinderung, aus verschiedenen Kulturen, verschiedener sexueller Orientierung, etc.

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        • Seraphim Weibel
          Gepostet um 00:07 Uhr, 21. Januar

          Oh es gibt schon eine möglichkeit das Fräulein auf den Mann anzuwenden -> Männlein. Wenn nun jemand fragt, wer war das Fräulein, könnte Frau entgegnen, wer ist den das Männlein das Fragt !?

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  • Ellen Tedaldi
    Gepostet um 01:24 Uhr, 21. Januar

    Frauen, die ihr (ganzes?) Frausein dadurch definieren, wie sie benannt / angesprochen werden…
    Irgendwie muss ich da immer an jene Männer denken, die sich nur dann als Mann fühlen, wenn sie beim Pinkeln stehen dürfen.

    Ich erlebe „Fräulein“ weder als Verkleinerung noch als Erniedrigung. Es ist ganz einfach ein Ausdruck, den ältere Menschen im aktiven Wortschatz haben. Genauso sagen sie „Abort“ zur Toilette. Soll ich mich da als professionelle Kloputzerin auch erniedrigt fühlen, weil mein Arbeitsort nicht korrekt bezeichnet wird? Bitte, meine Damen….

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  • Verena Thalmann
    Gepostet um 10:51 Uhr, 21. Januar

    Themawechsel:
    Mir persönlich hat dieser Text vom 20. Januar – von dieser mutigen, jungen Theologin gefallen!
    ….mal nicht so „Hochtrabendes“ , das ich zwei bis drei mal lesen muss, bis es bei mir ankommt,
    sondern einfach Erfahrungen aus einem ländlichen Emmental-Alltag!
    – Worte, die mir ein Lächeln anzaubern. Danke!

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    • Mirja Zimmermann
      Gepostet um 20:25 Uhr, 21. Januar

      Danke für diese ermutigenden Worte.
      Ich wünschen einen gesegneten Sonntag.

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