Führe uns nicht in Versuchung…?!

Genderquark vs Superpapst

Die katholische Schwesterkirche macht gerade als progressive Bibelübersetzerin auf sich aufmerksam: Adam wird in der neuen Einheitsübersetzung gestrichen und der Papst belehrt die Christenheit darüber, dass wir das Unser Vater falsch beten würden: Anstatt „Führe uns nicht in Versuchung“ sollen wir neu „Lass uns nicht in Versuchung geraten“ beten.

Die ÜbersetzerInnen der Einheitsübersetzung 2017 kassieren vor allem Häme dafür, dass sie Adam mit Mensch übersetzen. Genderwahnsinn. Übermass politischer Korrektness. Selbstabschaffung um des lieben Geschlechter-Friedens Willen… Der Papst hingegen erhält breite Zustimmung. Seine Übersetzungskorrektur scheint einfach zeitgemässer.

Das muss eigentlich erstaunen. Adam ist nämlich nicht einfach ein Eigenname, sondern das hebräische Wort für Mensch. Wer also die Urgeschichte mit einem Menschen anstatt einem Mann Namens Adam beginnt, tut nichts Verrücktes, sondern trägt den bibelwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, die schon vor einem Jahrzehnt aus der feministischen Bibelexegese in die bibelwissenschaftliche Mehrheitsmeinung eingewandert sind. Ganz anders dagegen mit Papst Franziskus‘ Vorschlag: Sowohl der griechische Urtext als auch der für Rom massgebliche lateinische Text sind nicht im römischen Sinn zu übersetzen – höchstens zu paraphrasieren. Und das ist gut so!

Der „Übersetzungsvorschlag“ löst das Problem nicht

Natürlich finden viele ein Gottesbild problematisch, in dem Gott selbst als Ursprung des eigenen Übels geglaubt werden soll. Aber es ist offensichtlich: Es gibt Übel. Und ein Gott der das Übel – die Versuchung – nicht verhindert, ist entweder missgünstig oder ohnmächtig. Im ersten Fall sollten wir ihn aus moralischen Gründen nicht anbeten, uns auf gar keinen Fall sein kommendes Reich herbeiwünschen und ihn auch nicht vertraut „Vater“ nennen. Im zweiten Fall richtet sich das Gebet an einen nicht allmächtigen Gott. Das könnte z.B. dann sein, wenn wir einen weiteren Gegengott glauben, mit dem der angebetete Gott im Kampf ist. Das tut der Papst.

Der „Übersetzungsvorschlag“ ist keineswegs humanistisch

„Wer dich in Versuchung führt, ist der Satan.“, soll der Papst gesagt haben. Der wäre dann der Gegengott: „Ich wollte das nicht, aber der böse, böse Teufel…“ Ein so verstandener Gegengott wäre aber zugleich eine ernste Bedrohung für die menschliche Freiheit und damit für die Rechenschaftsfähigkeit und Pflicht, die wir Menschen uns rechtlich und moralisch unterstellen. Auf dieser Unterstellung fusst unser Zusammenleben: Wir sind verantwortlich für das was wir tun und unterlassen und wir schulden Rechenschaft. Der Gedanke, dass Gott einen Versucher als pädagogisches Trainingsgerät einsetzt mag verlockend sein. Aber dann müsste er das Erziehungsprogramm „Freiheit“ dort abbrechen, wo die Freiheit sich irreversibel gegen sich selbst kehrt: Aber die Ungerechtigkeit schreit zum Himmel. Und keiner re(a)giert.

Führe uns nicht in Versuchung

Ich werde weiter beten: „Und führe uns nicht in Versuchung“. Für mich ist diese Bitte ein Ausdruck eines Vertrauens in Gott – das ich mir wünsche! -, dass alles, was mir in meinem Leben widerfährt als von ihm empfangen hoffen darf. Geburt und Tod. Schmerz und Lust. Einen lieben Gott, der alles gemäss humanistischen Standarts einrichtet, gibt es nicht. Aber es gibt einen Glauben, der noch im Leid, ja sogar in der Anfechtung zu Gott flüchten kann. Nicht weil „er“ alles so herrlich regieret, sondern weil es nichts gibt, das wirklich von ihm trennen kann. Und nur das heisst im Glaube wirklich „das Böse“. Für alles andere sollen wir selbst sorgen. Bis er die Tränen abwischen wird.

Weiterer Beitrag zum Thema:

«Der Papst ein Reformator?» von Thomas Grossenbacher

 

Diesen Beitrag fand ich...
  • wichtig (38)
  • inspirierend (39)
  • fundiert (24)
  • frech (2)
  • berührend (10)
  • langweilig (2)
  • falsch (2)
  • schlecht (2)
  • lustig (0)
26 Kommentare
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 17:54 Uhr, 09. Dezember

    Hm.., wie wäre es, alte Gebete wie das >Unservaterunser einfach so stehen zu lassen und rein aus Solidarität mit den Menschen der alten Zeiten als „Museumsstück“ zu rezitieren.?Und daneben n e u e Texte mit neuem Wissen, mit neuen Welt-, und Gottes- und Menschenbildern entwerfen.

    8

    8
    Antworten
  • Christoph Jungen
    Gepostet um 19:55 Uhr, 09. Dezember

    Dazu unbedingt lesen: Die letzte Ausgabe von FAMA zum U.V. aus feminist.theol Sicht.
    U.a. ein ausgezeichneter Kurzartikel von M. Frettlöh zu dieser „anstössigen“ Bitte. Geht in ähnliche Richtung wie du, Stefan. Leider nicht online verfügbar. Aber man kann und sollte diese immer wieder sehr lesenswerte Zeitschrift ja auch kaufen oder abonnieren

    5

    0
    Antworten
  • Esther Gisler Fischer
    Gepostet um 20:19 Uhr, 09. Dezember

    Adam ist ja eigentlich ‚der Erdling‘. Jetzt sollte nur noch die eine Schöpfungsgeschichte gecancelt werden, nach der die Frau von diesem genommen wird..

    5

    1
    Antworten
  • michael vogt
    Gepostet um 20:45 Uhr, 09. Dezember

    das erste problem kommt mir neu vor: in meiner alten zürcher übersetzung steht schon immer „mensch“. zum zweiten: „der mit der versuchung auch den ausgang schaffen wird“. (1kor 10.13) er ist es offenbar nach paulus, der die versuchung schafft (poieîn) – aber auch ihren ausgang. eisphérein in mt 6.13 kann nichts anderes heissen als hineintragen oder eben hineinführen (in die versuchung). nun steht im angegebenen link sinngemäss, dass gott die versuchung gar nicht schaffe, sondern nur darum gebeten werde, sie nicht zu schaffen. das glaube ich eher nicht. die meinung, dass das böse nicht von gott komme, ist erst in den 70er-jahren aufgekommen – im rückblick auf die konzentrationslager, in deutschland, verständlich – , hat mich aber nie ganz überzeugt. „unser erkennen ist stückwerk“ (1kor 13.9 – wir haben es heute mit der 13, die uns jetzt vielleicht doch noch zur glückszahl wird). die rede von freiheit, schuld und verantworung ist eine existentielle, befreiende wahrheit. daneben die theorie, die intuition der durchgehend kausalen welt – der im alten testament die allkausalität jahwes (g. v. rad) entspricht, und das neue testament sieht es nicht anders – , die ich nicht auf dem altar der quantentheorie opfere, die nur einen bruchteil des ganzen kennt. das zusammenleben fusst nach stefan jütte auf der unterstellung von freiheit, verantwortung und rechenschaftsfähigkeit. ich finde, das zusammenleben ist auch in der theorie begründet: wir können nicht anders. gefährlich, das zu sagen. darum genauer: wir haben nicht anders gekonnt. er oder sie konnte oder eben doch kann bis auf weiteres nicht anders: das bringt etwas für das zusammenleben. wenn möglich gehe ich zurück auf die theorie. was sie oder er tut, hat die und die ursache. zugleich anerkenne ich den existentiellen aspekt und praktiziere ihn auch immer wieder. ich finde, wir sollten vom stückwerk theologie nicht alles erwarten. es gibt noch andere, zb die evolution. da haben wir keine probleme, ihr angenehmes und grausames zuzutrauen, mitunter begleitet von der perspektive, dass in einem punkt omega alles mit allem vereinigt sein wird. dieses letztgenannte dürfte ein theologischer einfluss sein. und darin besteht meines erachtens auch das geheimnis: die alles verändernde vereinigung von allem mit allem, die sich je nachdem in den einen oder andern worten menschlicher sprache offenbart – oder auch in einem schweigen.

    1

    0
    Antworten
  • Stephan
    Gepostet um 21:45 Uhr, 09. Dezember

    @christoph jungen: super tipp! Ist ja meine ex-chdfin und doktormama 🙂

    1

    0
    Antworten
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 22:57 Uhr, 09. Dezember

    So weit kommt es noch, dass alte Texte nach Belieben umgemodelt werden… Dann sollen die „Ummodler/innen“ doch mal „Schneewittchen“ ummodeln oder „Rotkäppchen“…

    3

    0
    Antworten
    • Esther Gisler Fischer
      Gepostet um 13:00 Uhr, 11. Dezember

      Doch, doch;-auch Märchen und Kinderbücher werden werden psrachlich umgemodelt und von sexistischen wie rasstistischen Passagen befreit! Ist wie die Entrümpelung der Bibel dringend nötig!

      2

      1
      Antworten
  • Michel Müller
    Gepostet um 08:59 Uhr, 10. Dezember

    Diskutieren kann mensch ja, und Stefans und die feministischen Anregungen sind wertvolle Beiträge, und auch der Papst darf. Die deutsche Fassung aber einseitig ändern zu wollen, also mit päpstlicher Autorität, wäre ein geradezu verheerendenr Anschlag auf die Ökumene. Denn zur Zeit sind wir Kirchen eigentlich nur im Beten des Vaterunsers (ja! Hier fahren wir Schweizer Reformierten ein Sonderzüglein!) einig.

    2

    0
    Antworten
  • Beat Schwab
    Gepostet um 11:46 Uhr, 10. Dezember

    Ein interessanter copy/paste Beitrag (nicht von mir….)

    Eine kurze Betrachtung zum „Vater Unser“, dem Gebet des Herrn

    Begonnen in der Römisch-Katholischen Kirche, vor allem in Bezug auf Frankreich und Deutschland, kam eine Debatte über die korrekte Übersetzung des „Vater Unser“, des Gebetes des Herrn auf.
    Da dies mit dem Nicäanisch-konstantinopolitanischen Glaubenskenntnis zusammen das elementarste Gebet der Christenheit ist, möchte ich versuchen, anhand der aramäischen und der griechischen Sprache darzulegen, wie das Gebet des Herrn im Wortlaut ursprünglich angelegt ist und den theologischen Hintergrund dazu aufzeigen.

    In der Tat ist die übliche deutsche Übersetzung des Vaterunser – besonders in dem Teil „….und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen…“ ungenau, gar etwas sinnverschiebend.
    Vorweg muss man noch sagen, dass unser Herr Jesus Christus ja Aramäisch gesprochen hatte, er hatte seinen Jüngern dieses Gebet also auch im Wortlaut mitgegeben, wie es z. B. die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien noch heute auf Aramäisch betet („Abun d’Baschmayo“).

    Im Heiligen Evangelium nach Matthäus 6, 9-13 lesen wir in der Peschitta – dem aramäschen Urtext der Heiligen Schrift – also genau den Wortlaut Christi. Hier heißt es:

    „…lo ta`lan l-nesyuno elo paso lan men bisho…“, was zu Deutsch bedeutet:
    „und lass uns nicht in die Versuchung gehen (!!) , sondern geleite uns fort von dem Übel“

    Dieser Absatz wird ebenso durch den griechischen Text des Vaterunser einwandfrei bestätigt. Es heißt: „… καὶ μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν, ἀλλὰ ῥῦσαι ἡμᾶς ἀπὸ τοῦ πονηροῦ….“ und entspricht damit ziemlich genau dem aramäischen Urtext gemäß des Hl. Evangeliums nach Matthäus.

    Gott SELBST führt nämlich NICHT in Versuchung, sondern lässt zuweilen höchstens zu, dass wir durch das Böse verführt werden. Denn es liegt bei uns, ob wir uns für oder gegen Gott entscheiden. Diese implizierte Äußerungsmöglichkeit freien Willens wird in den geläufigen deutschen Übersetzungen des Vaterunser völlig ausgeblendet. Nachteilig ist das insoweit, als dass damit in etwa ausgedrückt werden soll: „Herr, ich möchte Deinen Willen tun, lass nicht zu, dass mich der Satan davon weg bringt, sondern beschütze mich vor ihm.“
    Wenn wir jetzt aber sagen: „…und führe uns nicht in Versuchung…“ dann sagen wir damit wenigstens implizit aus, dass Gott selbst derjenige ist, der den Menschen versucht, also aktiv etwas Böses, ja Satanisches mit ihm tut. Das steht dem christlichen Gottesbild entgegen, ganz besonders in Reflexion auf die Heils-, Liebes- und Gnadenbotschaft des Heiligen Evangeliums respektive der Evangelien.
    Ebenso ist mit dieser Bitte auch nicht etwas gemeint wie „…und führe uns in der Versuchung…“, denn es soll ja gezeigt werden, dass der Gläubige sich mit Gottes Hilfe vornehmen möchte, gar nicht erst versucht zu werden. Natürlich klappt das nicht immer, aber es ist das Ideal und genau das soll im ursprünglichen Wortlaut des Vaterunser ausgedrückt werden.

    Interessant ist ebenso – und auch das bestätigt der aramäische Text des Abun d’bashmayo zweifelsfrei – dass es eben auch nicht heißt „Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ sondern „…unser Brot und das Allwesentliche (!) gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, so wie auch wir denen vergeben, die sich an uns schuldig gemacht haben/an uns schuldig wurden“ (griech.: „…τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον, καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν, ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν…“).

    Der Terminus des „Allwesentlichen“ offenbart nämlich eine noch viel tiefere geistliche Komponente, damit ist nämlich das Ziel der Theosis – der völligen Vereinigung der Seele des Menschen mit Gott – gemeint, der wir durch Fortgang von den Sünden und von allem was von Gott trennt, näher kommen sollen. Dieser Bitte gemäß möge uns der Herrgott also nicht nur Nahrung des Körpers zukommen lassen, sondern gerade auch geistlich, eben all das, was wir zu einem Leben im Glauben nach Seinem Wohlgefallen benötigen, um das angesprochene „Heils-Endziel“ zu erreichen. Auch das blendete die lateinische Übertragung des Gebets des Herrn vollkommen aus, wiederum aus dieser entstanden ja die deutsche, die französische und andere Übersetzungen.

    Das Vaterunser auf Deutsch in direkter Übersetzung aus dem Griechischen unter Abgleich mit dem Aramäischen:

    Vater unser, welcher ist in den Himmeln,
    Dein Name werde geheiligt, Dein Reich komme,
    Dein Wille wirke, so wie in den Himmeln auch auf der Erde.
    Unser Brot gib uns und das Allwesentliche heute,
    und vergib uns unsere Schuld, so wie auch wir vergeben denen, die an uns schuldig wurden,
    und lass uns nicht in die Versuchung gehen, sondern geleite uns fort von dem Übel.

    Dann die Doxologie durch den Priester:
    Denn Dein ist das Reich und die Macht und die Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes + , jetzt und immerdar und in die Ewigkeiten der Ewigkeiten.

    Priester und Volk:
    Amen.

    Auf Griechisch (Koine/Kirchenaltgriechisch):

    Πάτερ ημών ο εν τοις ουρανοίς, αγιασθήτω το όνομά Σου,
    ελθέτω η Βασιλεία Σου,
    γεννηθήτω το θέλημά Σου
    ως εν ουρανώ και επί της γης.
    Τον άρτον ημών τον επιούσιον δος ημίν σήμερον,
    και άφες ημίν τα οφειλήματα ημών,
    ως και ημείς αφίεμεν τοις οφειλέταις ημών
    Και μη εισενέγκης ημάς εις πειρασμόν,
    αλλά ρύσαι ημάς από του πονηρού.

    Δοξολογία
    Ότι σου εστίν η βασιλεία και η δύναμις και η δόξα του Πατρός και του Υιού και του Αγίου Πνεύματος +, νυν και αεί και εις τους αιώνας των αιώνων.

    Αμήν.

    Im Aramäischen (phonetisch umschrieben):

    Abun d-bashmayo
    nithqadash shmokh
    tithe malkuthokh
    nehwe sebyonokh
    aykano d-bashmayo oph bar`o
    hab lan lahmo d-sunqonan yowmono
    washbuq lan hawbayn wahtohayn
    aykano doph hnan shbaqan l-hayobayn
    lo ta`lan l-nesyuno
    elo paso lan men bisho

    metul d-dylokh hi malkutho
    whaylo wteshbuhto
    l`olam `olmin
    Amin

    (Diese Ausarbeitung wird demnächst noch erweitert, daher bitte nicht in die eigene Chronik kopieren, sondern über den Link zu dieser Seite teilen. Letzteres ist erwünscht. Vielen Dank.
    Dr. theol. phil. Constantin Büns)

    6

    0
    Antworten
    • michael vogt
      Gepostet um 14:53 Uhr, 10. Dezember

      „eisphérein in mt 6.13 kann nichts anderes heissen als hineintragen oder eben hineinführen (in die versuchung)“, schreibe ich oben. ja, aber was heisst genau εισενέγκης? mein facit: die traditionelle übersetzung ist vernünftig, vielleicht tatsächlich die beste. aber es ist doch gar nicht schlecht zu sehen, dass es verschiedene übersetzungsmöglichkeiten/erwägungen gibt.
      http://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=1187

      bin an der zuletzt erwähnten erweiterung interessiert

      1

      0
      Antworten
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 17:20 Uhr, 10. Dezember

    Lieber Beat Schwab bzw. lieber Autor des Textes:

    Lieber Beat Schwab bzw. lieber ungenannter Autor des besagten Textes: Bekanntlich pflanzt „Gott“ in den Erzählungen „vom Paradies“ und „vom Sündenfall“ einen Baum, dessen Früchte strengstens v e r b o t e n sind. (Sigmund Freud: „Das Verbotene reizt besonders!“) Und dann lässt Gott noch eine sprechende Schlange mit Beinen (!) auf den „Adam“ und seine „Männin“ los, den Inbegriff von Verführung und Versuchung. Psychologisch gesehen nahezu keine Chance für die Beiden! (Siehe Marshmellow-Test mit Kindern!) Bei Hiob ist es dann erklärtermassen „Satan“, einer der „Gottessöhne“(!), der „Gott“ zu seiner abscheulichen Wette verführt. Satan verliert sie – aber nur, weil es sich hier um ein MÄRCHEN handelt (und in Märchen ist bekanntlich a l l e s möglich. Allerdings sind auch die Erzählungen „Vom Paradies“ bis zum „Turmbau von Babel“ „Märchen“, hier allerdings „Mythen“ genannt.) In einem reinen – modernen – Monotheismus sollten eigentlich konsequent weder andere Götter noch „Satansmächte“ möglich sein, Aber nicht einmal das Christentum schafft das. Die „Frage nach dem Bösen in der Welt“ ist meiner Überzeugung nach nur „inner-weltlich“ oder gar „inner-menschheitlich“ beantwortbar. Die zeitgenössischen Wissenschaften sind daran. Einige Ergebnisse sind schon äusserst interessant – auch wenn sie manchen „Frommen“ ganz und gar nicht schmecken wollen…

    3

    0
    Antworten
    • michael vogt
      Gepostet um 09:56 Uhr, 11. Dezember

      der mensch, die achse, um die sich alles dreht, ein axiom, das auch die modernste wissenschaft nicht beweisen kann

      0

      0
      Antworten
  • Corinne Duc
    Gepostet um 10:20 Uhr, 11. Dezember

    Dass die NT-Teile der Peschitta nicht eine Übersetzung aus dem griechischen Text wären ist alles andere als gesichert. Vielleicht fanden sie die Stelle einfach zu anstössig und änderten sie ab weil sie die Ansicht vertraten, Versuchung müsse des Teufels Werk sein, ergo nicht Gottes…
    Beten soll ja auch helfen, sich zu besinnen und unsere Sinne auszurichten. ZB darauf, dass wir in unserem Verstehen wachsen sollten, damit wir eine Situation besser verstehen und ihr möglichst nicht als unwiderstehlicher Versuchung begegnen. Und auf dass wir den andern Menschen helfen,nicht in solche Situationen zu geraten. Dafür braucht es tatsächlich keine Änderungen im traditionellen Text (was keineswegs bedeutet dass andere Stellen in der Bibel vielleicht besser neu übersetzt werden könnten).

    1

    0
    Antworten
  • Corinne Duc
    Gepostet um 13:45 Uhr, 11. Dezember

    Ich bin einerseits froh dass auch in der neuen Zürcher Bibelübersetzung (https://www.bibleserver.com/text/ZB/1.Mose2) steht „da bildete (…*) Gott, den Menschen“.
    Mann und Frau entstehen erst aus der „mythologischen Operation“ aus dem Urmenschen (Erdling). Aber nachher, wenn sinngemäss von Mann und Frau die Rede ist bzw. wäre, sollte auch entsprechend der Begriff angepasst werden und nicht „Mensch“ für „Mann“ gesetzt werden, da das hebräische Wortspiel im Deutschen ja nicht herausgehört werden kann.
    (*„der HERR“ scheint mir ebenfalls nicht wirklich eine gelungene Übersetzung für „Jahwe“.)

    2

    0
    Antworten
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 10:49 Uhr, 12. Dezember

    Liebe Corinne, „HERR“ ist keine Ü b e r s e t z u n g von JHWH, sondern ein E r n s t n e h m e n des jüdischen Tabus, welches das Aussprechen des göttlichen Namens verbietet. Und „ADAM“ („Erdling“) ist eine Gattungsbezeichnung und gilt sowohl für den ISCH („Mann“) als auch für die ISCHA („Männin“). Wie auch die Gattungsbezeichnung CHAVA („Eva“ alias „Leben-Spenderin“) auf b e i d e zutrifft – seit man weiss, wie ein Kind „entsteht“…

    1

    0
    Antworten
    • Corinne Duc
      Gepostet um 12:55 Uhr, 12. Dezember

      Hallo Reinhard, ich beziehe mich auf „Und der HERR, Gott, machte aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. 23 Da sprach der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Frau heissen, denn vom Mann ist sie genommen.“ etc.
      1.) Braucht es „der HERR“ nicht (man kann für JHWH etwas anderes, sinnvolles setzen, aber das scheint mir nicht nötig da für uns kein Verbot besteht, diese Tetragramm zu verwenden).
      2.) Statt „Rippe“ wäre „Seite“ wohl sinnvoller.
      3.) Dem Sinn nach wäre die Frau dann eben nicht „vom Mann“ genommen sondern (wie auch der Mann) vom ursprünglichen Menschen/Erdling.
      Ebenso „25 Und die beiden, der Mensch und seine Frau, waren nackt“ ist doch nicht wirlich keine geglückte Übertragung.

      2

      0
      Antworten
  • Corinne Duc
    Gepostet um 13:07 Uhr, 12. Dezember

    bzw. etwa in Gen 2,25: Adam als Adam übersetzen (wie es zB. auch in der NIV heisst: „Adam and his wife were both naked, and they felt no shame.“ Hätte ich vorher klarer schreiben sollen, Danke.

    1

    0
    Antworten
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 22:29 Uhr, 12. Dezember

    Das Problem mit den Sprachen!!!

    ADAM ist in der Paradieserzählung kein Eigenname, sondern ein Gattungsbegriff (wie Auto, Baum etc.). Er bedeutet: „aus Erde“ (min adamah). Wenn man der Erzählung zum ersten Mal begegnen würde, wüsste man nicht, dass es sich um ein männliches Exemplar handelt. Man könnte ebenso gut „das (Wesen) Adam“ übersetzen. Auch wenn dieses Wesen – im Gegensatz zu den Tieren – den „Hauch Gottes“ empfängt. bleibt es „adam“, also Erde. Man könnte es auf Deutsch also „Erdling“ nennen. Der „Adam“ der Paradieserzählung i s t der „Erdling“ – und nicht etwa „vom ursprünglichen Erdling genommen“, wie Corinne Duc schreibt. Das aus dem Tiefschlaf erwachte Wesen „adam“ sagt zu dem für ihn neuen Wesen: „Die soll „M ä n n i n“ (ischa) heissen, denn vom „M a n n“ (isch) ist sie genommen. Erst jetzt ist klar: „Adam“ ist männlich! Und er weiss das offensichtlich – und nennt das neue Wesen „Männin“, weil es ihm – bis auf den berühmten kleinen Unterschied – so ähnlich ist. Bis zu diesem Augenblick ist in der Erzählung kein einziges Mal von einem „Mann“ (isch) die Rede!

    Im „Siebentagelied“ (1.Mose 1, 1-2,4) wird übrigens ebenfalls von „Adam“ geschrieben: „Und Gott schuf die MENSCHEN (ät Adam). Und weiter: „Er schuf sie m ä n n l i c h und w e i b l i c h ! Also nicht – wie üblicherweise übersetzt wird – „als Mann und Frau“. Also nicht nur zwei Individuen, sondern eine unbekannte Zahl von ihnen. Die dann ebenfalls „fruchtbar“ sein und „sich „mehren“ sollen – wie die (anderen) Tiere auch.

    An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, dass die Kenntnis der Originalsprache eben doch wichtig ist! – Und da habe ich seinerzeit einen echten „Knaller“ entdeckt: Das hebräische Wort für „männlich“ bedeutet auch „d e n k e n d“ und jenes für „weiblich“ bedeutet auch „d u r c h b o h r t“. Da denke ich natürlich vor allem daran, dass zu alten Zeiten Frauen gekauft und ihre Eltern und auch sie selbst mit Geschenken überhäuft wurden. Dafür wurden den oft sehr jungen Frauen auch Ringe in die Nase gezogen…

    3

    0
    Antworten
  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 22:52 Uhr, 12. Dezember

    NACHTRAG: Bei alten Texten – und besonders bei vermeintlich „heiligen“ – bin ich als „altgedienter Theologe“ halt ziemlich „tüpflischiessig“, weil man da allerhand Schindluderei treiben kann und auch getrieben hat und noch treibt. Deshalb beharre ich auf genauem Hinsehen…

    2

    0
    Antworten
  • Corinne Duc
    Gepostet um 00:17 Uhr, 13. Dezember

    Lieber Reinhard. Bekanntlich wird im AT „Adam“ nicht nur als Begriff, sondern ebenfalls schon auch als Eigenname verwendet. Und im Hebräischen ist besonders die enorme Weite und Vielfalt der Bedeutungsspektren von Begriffen oder Wortwurzeln zu berücksichtigen. Umso mehr gilt also auch hier : Übersetzen heisst auswählen. Da genügt Tüpflischiesserei gar nicht, es braucht auch Weit- und Umsicht.

    1

    0
    Antworten
  • Christoph Jungen
    Gepostet um 09:29 Uhr, 14. Dezember

    Kleine Ergänzung zu meinem obigen (fast zuoberst) Beitrag: Auf meine Bitte hin hat die FAMA-Redaktion nun auch den diesbezüglichen Beitrag von M. Frettlöh online gestellt:
    https://famabloggt.wordpress.com/2017/12/14/fuehre-uns-nicht-in-versuchung/
    Ich finde nach wie vor: Wichtiger Beitrag zum Thema.

    1

    0
    Antworten
  • Corinne Duc
    Gepostet um 17:48 Uhr, 14. Dezember

    Vielen Dank für den Hinweis auf diese FAMA-Beiträge!
    Der Witz, der in der hebräischen Bibel zum Ausdruck kommt (leider aber in manchen Übersetzungen verloren geht), ist ja gerade dass die patriarchalische Interpretationsweise darin durchaus transparent gemacht wird.
    In Genesis 1 ist klar, dass unter „Adam“ hier einfach Mensch (als Bezeichnung für die Gattung bzw. Pluralität von Individuen, beiderlei Geschlechts) zu verstehen ist. Danach ist aber der allmähliche Übergang zum einzelnen (aber zunehmend auch im pluralen/zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Kontext eingebunden) handelnden Individuen zu berücksichtigen.
    Die alternative Schöpfungserzählung von Genesis 2 thematisiert den „Fall aus dem Paradies“. Nach diesem Mythos nimmt Gott diesen „Erdling“/Urmenschen, teilt ihn und macht den einen Teil zum männlichen Menschen, den andern zum weiblichen, indem er sie zu Wesen mit teils verschiedenen Ausformungen macht (wenn Sie so wollen: mit verschiedenen Löchern und Ausbuchtungen – vielleicht mag hier sogar Platons Mythos von den Kugelmenschen hilfreich sein um sich die Sache plastisch zu imaginieren; wogegen die abstraktere Erzählung von Gen 2 allerdings etwas eleganter wirken mag).
    In einer matriarchalischen Sprachkultur mit entsprechendem Schöpfungsmythos und der Geschichte von Eva, in welcher „Eva“ zugleich „Mensch“/“Erdling“ und „Frau“ bedeutete, könnte das dann ebenso einseitig gedeutet werden als „Der Frauer wurde aus der Frau genommen“.
    Doch auch Gen. 4 (die Geschichte von Kain und Abel) dürfte darauf hinweisen, dass der Fall aus dem Paradies nicht so sehr vom Geschlecht abhängt, sondern Beziehungen unter Menschen desselben Geschlechts ebenfalls schnell einmal ziemlich dramatische Formen annehmen können – zwar nicht jederzeit müssen, aber es geschieht doch immer wieder. Wobei auch hier der gesellschaftliche Kontext wieder deutlich mit hineinspielt: Der Erstgeborene (Knabe bzw. Mann – unsere Bibel ist nun einmal in patriarchalischer Gesellschaft entstanden) wird oft so behandelt und erzogen, dass in ihm die Erwartungshaltung entsteht, er müsse immer der Erste sein, besonders berücksichtigt und als Erster angesehen werden. (Wenn man so will: zu narzisstischer Kränkbarkeit prädisponiert?)
    Bleibt also die Frage, weshalb die Bibel noch immer oft so gelesen wird als ob sie (in Bezug auf uns selbst, bzw. die Schöpfung) einen status quo zu fixieren habe, und nicht vielmehr als Zeugnis mehr oder weniger kritischer Erwägungen, welche uns zu eigenen gesellschaftskritischen Rückfragen und Reflexionen anregen sollten?

    1

    0
    Antworten

Antwort schreiben zu Corinne Duc Abbrechen