Du hast die Wahl!

So. Jetzt haben wir Gewissheit. Der alte Ratspräsident G. Locher ist auch der neue Präsident, bald schon der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. Manche freuen sich, viele haben es sich anders gewünscht und die meisten waren wahrscheinlich voyeuristisch angeturnt vom kleinen Spektakel, das die Reformierten ausnahmsweise geboten haben. Auch wenn ich zur zweiten Gruppe gehöre, nehme ich drei Erkenntnisse mit, die mich zuversichtlich stimmen:

1. Die Menschen interessieren sich für die Reformierte Kirche

Fristen die Reformierten Kirchen für gewöhnlich ein Mauerblümchen-Dasein, deren mediale Highlights in Quoteneinladungen zu irgendwelchen aktuellen Themen, die „irgendwie mit Ethik und so“ zu tun haben, bestehen, hat sich in den letzten drei Wochen die Öffentlichkeit stark für unsere Strukturen, unser Personal und unsere Visionen interessiert. Grösstenteils war die Berichterstattung fair, facettenreich und der Aufklärung dienlich. Anders als das viele befürchtet haben, wurde weniger auf Mann gespielt. Vielmehr wollte man wissen, wofür die beiden Kandidierenden stehen. Nicht um einzelne Zitate wurde gestritten, sondern um Welt-, Kirchen-, ja Gottesbilder. Wir haben also, wie so oft gewünscht, „Gesicht gezeigt“ und vielleicht dabei gelernt, dass verschiedene Gesichter spannender sind, uns beleben und gut tun.

2. Wir haben starke Kantonalkirchen

Kirche wurde nie im SEK gemacht und sie wird auch nicht in der EKS gemacht werden. Kirche spielt sich ab in den Gemeinden, die sich in Kantonalkirchen organisieren. Auch die Kantonalkirchen haben Gesicht gezeigt. Manchmal eines, das aus den Höhen des eigenen Elfenbeinturms spöttisch in die Niederungen der Social Media hinabblickt. Manchmal aber auch eines, das vermittelnde oder parteiische Weitsicht hat erahnen lassen. Es waren jedenfalls markante Gesichter. Und das kann uns nur gut tun.

3. Vieles wird möglich, denen, die sich engagieren

Es wurde lammentiert darüber, dass nicht „das Kirchenvolk“, sondern „irgendwelche Delegierten“ den Präsidenten oder die Präsidentin wählen. Wer das bedauert, müsste auch Bundesräte per Volkswahl wählen. Es hat schon seinen Sinn, dass nicht die medial aufgeheizte oder abgelöschte Basis direkt entscheidet, sondern dass dies durch gewählte (!) Delegierte geschieht. Und das zeigt, dass es sich für all jene, die unzufrieden sind, lohnen könnte, sich zu engagieren. Wer vertritt eure Kirchgemeinde in der Synode? Wer wird von da aus durch welches Verfahren zu einem Abgeordneten oder einer Abgeordneten? Der Wandel – wenn es denn einen gibt – muss von Innen kommen. Das ist teilweise mühsame, unspektakuläre Arbeit. Aber das ist ein fairer Preis den man gerne zahlt, wenn man mitgestalten will.

Und mit zu gestalten gäbe es einiges: Volkskirche als Kirche für alle, oder als heiliger Rest? Amtszeitbeschränkungen? Ökumene? Ja klar, aber um welchen Preis? Diese Diskussionen werden weitergeführt. Nicht mehr laut in den Medien. Aber in Kirchgemeinden, Stadtverbänden, Kantonalkirchen und in der Synode des EKS. Wir müssen uns nicht empören, wir können uns engagieren. Und ganz sicher ist das jetzt kein Grund für einen Kirchenaustritt. Im Gegenteil. Die Kirche, die Kantonalkirchen und die Gemeinden, brauchen euch dringend!

Die Meinung des Autors in diesem Beitrag entspricht nicht in jedem Fall der Meinung der Landeskirche.

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30 Kommentare
  • Barbara Oberholzer
    Gepostet um 16:47 Uhr, 18. Juni

    Lieber Stephan! Als ich gestern vom – für mich bedauerlichen – Outcome der Wahl erfuhr, dachte ich sofort: Das wäre ein dringendes Thema für diesseits! Und – schon geschehen ?! Vielen Dank für diesen inspirierenden Beitrag. Ja, machen wir weiter!

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    • Stephan Jütte
      Gepostet um 17:40 Uhr, 18. Juni

      Merci! Ich war gestern zuerst traurig. Und dann habe ich aber gemerkt: Hey, wir alle werden morgen unseren Job genauso weitermachen, im Ehrenamt, als Freiwillige oder als Angestellte. Und das tun wir, egal wer in Bern sitzt! 😉

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      • Anita Ochsner
        Gepostet um 22:20 Uhr, 18. Juni

        … ja genauso – und doch auch irgendwie anders genauso?! – angestosseninspiriert im „Genauso“ alles hat seine Wirkung soll bestehen bleiben… in aller Arbeit fruchtend werden in der Zeit… im Weitergehen.

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    • Hans-Peter Geiser ZH Pfarrer, Dr. theol. M. Div.
      Gepostet um 00:55 Uhr, 19. Juni

      Hören wir auf, Stephan, uns in einer der schlimmsten Verlogenheiten einer SEK-Wahl 2018 auch noch selber anzulügen. Auch Du weisst es seit 2 Wochen besser. Ganz sicher nicht uninformiert.
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      Es gab drei SEK Präsidium Kandidaturen – nicht nur die zwei von Gottfried Locher BE und Rita Famos ZH – seit Anfang Juni 2018. Eine SEK-Nominationskommission hat bewusst und gegen die eigene SEK Verfassung nebst SEK AV-Reglement und grundrechtlichem CH Wahlrecht einen regulären und fürs Amt qualifizierten Kandidaten vom passiven Wahlrecht einer SEK Wahl – eine nationale Wahl öffentlich-rechtlicher Mitgliedskirchen – willkürlich ausgeschlossen.

      In USA eine Straftat.

      Sämtliche CH Medien – auch die kirchlichen – waren darüber informiert. Doch nirgends gab es einen Aufschrei. Ehemalige und auch heutige SEK Mitglieder der AV Abgeordnetenversammlung wussten davon, einige waren und sind heute nur noch entsetzt.

      Eine offizielle Wahlbeschwerde wäre das einzig richtige.
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      Inhaltlich stellt diese Wahl wohl keinen Höhepunkt dar. Wer nur über und gegen Prostitution, Bischofsamt, Macht und Gegenmacht nebst Rücktrittsforderungen sich im „Kampfwahlmodus“ theologisch profilieren kann, aber zur Zukunft der Kirchen in KRISE keine Visionen bringt, hat kein Profil.

      Auf beiden Seiten.

      Die inhaltliche Diskussion war gar nicht möglich – wohl so bewusst geplant – , nicht nur in den Regional-Gruppen, auch am Sonntag. Wer so nur noch der CH Medien Gier nach „Krach und Streit“ bedient, selber aber keine Inhalte bringt, ist leer trotz medialer Explosion. Und so gross war selbst diese nicht.

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      Bleiben tut die wohl absurdeste Wahl eines SEK Präsidiums, wo ein SEK nicht mal von 1 auf 3 zählen kann. Weil man die „Störung“ durch den Dritten nicht wollte – egal was in einem CH Wahlrecht steht, gültig auch für einen SEK.

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      • Reinhard Rolla
        Gepostet um 16:40 Uhr, 19. Juni

        Bitte klären Sie mich auf, lieber Kollege Hans-Peter Geiser: Wer war der dritte Kandidat, wie wurde er ausgeschlossen und warum war die inhaltliche Diskussion gar nicht möglich??? Und: Wer könnte/sollte eine „offizielle Wahlbeschwerde“ machen? Ich wäre dankbar für entsprechende Infos.

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        • Hans-Peter Geiser ZH Pfarrer Dr. theol. M. Div.
          Gepostet um 20:09 Uhr, 19. Juni

          Das war ich.

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          • Hans-Peter Geiser ZH Pfarrer, Dr. theol. M. Div.
            Gepostet um 00:12 Uhr, 20. Juni

            Im Unterschied zur „Kampfkandidatur“ von Rita Famos war meine Kandidatur eine „Komplementär-Kandidatur ohne Verlierer“. Zwar im inhaltlichen Protest gegen vieles der letzten Jahre in CH Kirchen – aber nicht gegen Personen. Auch Rita Famos war Teil meines Vorschlages.

            Wobei erst die neue Verfassung 2019 der EKS das zulassen würde, worum ich kandidierte..

            Ein Splitting des Amtes in drei Personen. „Trinitarisch“ … wenn Sie wollen. Auch das gibt es längst in USA – die Aufteilung vom Bischofs- oder Präsidiumsamt einer Denomination auf mehrere Personen.

            Es ging mir nicht darum, ad personam zu argumentieren. Die Debatte um „Bischof“, „Prostitution“ – wo im übrigen in den USA radikale Feministinnen auf beiden Seiten der Lager zu finden – und die Fragen der „Macht“ sind für mich Nebenthemen.

            Im SEK ist eine Mitgliedskirche vertreten, die selber einen Bischof hat – einen Bischof für ganz Europa. Die EMK – Methodistische Kirche, Teil der United Methodist Church USA – die ebenso Bischöfe und Bischöfinnen kennt. Daran liegt es nicht, ob Kirche/n in Zukunft basisnah“ bleiben.

            Höchst unfair erachte ich die Art, wie ein Godi Locher zum „Napoleon“ stilisiert wurde. Heute im Bus in Aarau erlebt, wo mir jemand aus kirchenfernen Kreisen, aber Zeitungen lesend, dieses Bild von Godi Locher erklärte.. Machtvolles Wirken der Medien.

            Höchst bedenklich allerdings – das Auslöschen meiner Kandidatur in sämtlichen Medien. Ein SEK gab nach aussen zu verstehen, meine Kandidatur sei ungültig.

            Eine wahlrechtliche Lüge. Nichts im AV Reglement unterstützt diese Auslegung.

            Auch wenn ich die Wut der „Feministinnen“ über mir schon spüre.

            Ich denke es ist gut und weise von einer AV Wahl, dass Godi Locher vor dem Papstbesuch Donnerstag in Genf im OeRK zu seinem 70-jährigen Bestehen als World Council of Churches und über 40’000 in Palexpo zur Messe nicht derart hässlich und ad personam von uns „CH Reformierten“ „rausgeschmissen“ wurde.

            Mit allen Debatten – das hat er nicht verdient.

            Teil und Ziel meiner Kandidatur … Selbst wo sie unsichtbar wurde.

            Für Kirche wäre es Donnerstag in Genf wenig glaubhaft geworden.

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          • Reinhard Rolla
            Gepostet um 21:29 Uhr, 20. Juni

            Herzlichen Dank!

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  • Margrit Schwander
    Gepostet um 17:14 Uhr, 18. Juni

    Lieber Stephan
    Vielen Dank für Deinen sachlichen und inspirierenden Beitrag.
    Dass Kirche Volkskirche bleibt, hängt von uns allen ab.
    Und wer weiss, vielleicht sind wir dann auch mal medial präsent durch unser Engagement und Feuer in unseren Kirchgemeinden, die Kantonalkirchen und der EKS.

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    • Stephan Jütte
      Gepostet um 17:41 Uhr, 18. Juni

      Liebe Margrit! Ja, das glaube ich auch! Und dass da Feuer ist, haben sie bis in die AV gespürt 😉

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    • michael vogt
      Gepostet um 17:48 Uhr, 18. Juni

      die eks – immerhin wird doch hier er zu einer sie

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  • michael vogt
    Gepostet um 17:36 Uhr, 18. Juni

    die kirche wird von allen gemacht, auch vom sek respektive der eks, von innen und von aussen, von oben und ganz oben, von unten und ganz unten. wenn man unter die oberfläche schaut, zeigt sich ein szenario, das besser nicht sein könnte: ein einsamer vater zeugt, ohne dass irgendwo eine mutter ausgemacht werden könnte, einen sohn. dieser anfang wäre das ende, wenn dieses nicht durch andere inhalte und ihre intensivierung, präzisierung, vertiefung und verbreitung durch protest abgewendet werden könnte. untergehen muss die kirche vielleicht trotzdem. dann aber so, dass ihr wahrheitsgehalt auf produktive weise in ein gesamtmeer intergriert werden kann. wer heute kirche denkt, denkt nicht zuletzt an ein paar am frühstückstisch. sie fragt ihn: „warum wirst du nicht hässig, wenn ich so unmöglich bin?“ „. . .friedliche männer“, seine antwort. nun stellt er sich ungeschickt an. „. . .friedliche frauen“, ihre antwort. wer das wort kirche hört, beginnt zu ahnen, was dem vorangegangen ist. und es bahnt sich die dogmatische aufklärung an: die ganze schöpfung als gleichnis.

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  • Catherine McMillan
    Gepostet um 17:52 Uhr, 18. Juni

    Der Prozess war eine gute Lektion in den Nutzen der Beteiligung und den Sinn unserer Synodalstrukturen. Danke für den positiven und versöhnlichen Ausblick.

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    • Stephan
      Gepostet um 19:51 Uhr, 18. Juni

      Merci, liebe Catherine!

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  • Daniel Frei
    Gepostet um 19:10 Uhr, 18. Juni

    lieber Stefan

    ich finde deinen Beitrag sehr gut und differenziert. Wir sollen fair und versöhnlich gestimmt sein – aber nicht gleich zur Tagesordnung übergehen.

    Aber wir haben auch einen kirchlichen Aufbruch auf unterschiedlichen Ebenen erlebt. Ich habe das gespürt und erlebt, was mir unsere reformierte Kirche wichtig macht: Mit Herzblut für die eigene Überzeugung kämpfen: gleichberechtigt, engagiert und mit dem Vertrauen auf das Wirken der heiligen Geistkraft – auch und gerade in unserer Kirche.

    Darum müssen jetzt als kritische, basisorientierte Mitglieder, der reformierten Kirchen ein neues Forum schaffen. Ich bin sofort dabei – zusammen mit vielen anderen aus den nordwestschweizer reformierten Kirchen, wenn es darum geht, einen Thinktank, eine Gesprächsrunde, ein Basisparlament – was auch immer- auf die Beine zu stellen.
    Das soll lustvoll, chaotisch, inspiriert, aber keineswegs patriarchal-hierarchisch sein. Wer macht mit?

    herzliche Grüsse
    mit den besten Wünschen für gesegnete Sommertage

    Daniel

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    • Stephan
      Gepostet um 19:53 Uhr, 18. Juni

      Das klingt nach einer super Idee! I’m in! Herzlich, Stephan

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    • Franziska Huber
      Gepostet um 20:00 Uhr, 18. Juni

      Welch wunderbare Idee! Ich bin auch dabei…

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 16:09 Uhr, 19. Juni

    Mir schiene es sehr sinnvoll wenn in der neuen Verfassung die Amtsdauer auf zwei aufeinanderfolgende Amtsperioden beschränkt würde. Dann müssten sich die Delegierten frühzeitig Gedanken machen über allfällige bzw. fällige Alternativen. Und wenn es sich als wünschenswert erweist kann nach 4 Jahren Pause ja erneut jedeR wieder antreten.

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  • THOMAS GROSSENBACHER
    Gepostet um 21:32 Uhr, 19. Juni

    Eben zurück aus Schaffhausen lese ich den Artikel.
    Kirche geschieht auf drei Ebenen in der Schweiz. Das haben wir heute in der 2. Lesung der Verfassung festgehalten. Michael Vogt sieht das m.E. richtig. Ich erlebe dieses Kirche-Sein und Mitgestalten in dieser Dreidimensionalität sehr bereichernd. Im Spital im Pfarramt als Seelsorger – wo ich n. b. auch froh bin, eine gute Chefin zu haben – in der Synode mit der Erfahrung eines Interim-Präsidiums und als Delegierter und Mitglied der GPK auf Bundesebene, im SEK der sich zur EKS mausert. Ich brauche keine Amtszeitbeschränkung. Ich kann loslassen, Nach bald 20 Jahren Kirchenpolitik ziehe ich mich auf die nächste Legislatur aus den politischen Ämtern zurück. Um viele Erfahrungen reicher. Mit einem wertvollen Beziehungsnetz.. Corinne Duc kann ich hier sagen: aus Sicherheitsgründen haben wir heute in der Verfassung des SEK eine Amtszeitbeschränkung festgehalten. Aber nur 2 Amtsperioden wären doch etwas gar wenig. Der 4 jährige Wahlrhythmus scheint mir eh etwas asthmatisch. Es darf nicht dazu kommen, dass „nach den Wahlen“ immer gleich wieder „vor den Wahlen bedeutet“. Die Gefahr, sich zu sehr mit sich selber zu beschäftigen, wächst je enger dieser Wahlrhythmus ist. Es gibt genügend Themenfelder und Sachgeschäfte, die es anzupacken gilt.

    Wir haben neben der Wahl fürs Präsidium auch auf die Jubiläumsfeierlichkeiten 2017 zurückgeschaut. Ich aus meiner GPK Rechenschaftsansprache:

    „Der kleine Film – aftermovie-reformaction – ruft ins Bewusstsein, dass das Jubiläum „500 Jahre Reformation“ längst nicht nur einem historischen Rückblick geschuldet war, sondern erst dann wirklich sinnvoll war und ist, wenn es zukunftsweisend der Stärkung der Kirchen gedient hat und nachhaltig dienen wird.

    Es ist keine Frage, dass dieser Hoffnungs-Ansatz damit steht und fällt, ob und inwieweit es uns gelingt unser wertvolles Erbe, das uns dank dem SEK im 2017 noch bewusster geworden ist, für die kommenden Generationen fruchtbar zu machen, sie einzubeziehen und zu begeistern, die Zukunft entsprechend mitzugestalten.

    Wie weit uns das im Jubiläumsjahr 2017 gelungen ist, wird die folgende kritische Würdigung des vorliegenden Berichts zeigen.

    50 Seiten sind es – zufällig oder symbolisch-pfingstliche 50 – wie auch immer: sie sind voll bepackt mit Berichterstattung und Bewertungen, Selbstbewusstsein und Selbstkritik, die in ihrer Fülle die Vielfalt der Ereignisse im Jahr 2017 vergegenwärtigen. Wer von uns Abgeordneten hätte sie alle aufzählen können. Wie viele dieser Veranstaltungen haben Sie persönlich besucht, daran teilgenommen, mitgefeiert ?
    Das Ganze erscheint überwältigend und zeugt von einer grossen, mehrjährigen Arbeit des Rates und der Mitarbeitenden des Kirchenbundes. Und ich meine, diese Summe aller Anstrengungen verdient vor allem einmal Dank und Anerkennung. Er gebührt all den Menschen, die verantwortlich hinter den Ereignissen, Zahlen und Fakten stehen. Die GPK dankt darum stellvertretend für die AV, dem Präsidenten des Rates und seinen Mitgliedern, den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle und allen Mitbeteiligten aus den Kantonalkirchen für diese beeindruckende Arbeit die in dieser dichten Revue jetzt im Überblick sichtbar vorliegt. Herzlichen Dank.
    Der Bericht ist systematisch aufgebaut und damit trotz seiner anspruchsvollen Länge, gut lesbar. … Der Aufbau des Berichtes zeigt, dass es auch dem Rat wichtig war, die Veranstaltungen der Mitgliedskirchen im Jubiläumsjahr mit in den Bericht aufzunehmen. 14 der 50 Seiten geben diesem Anliegen Raum.
    So spiegelt sich etwas davon, was im Logokonzept mit dem vielfältig anpassbaren „R“ angedacht war. Das ist Hinweis darauf, dass dieses Jubiläumsjahr mehr war als eine Sammlung vieler unzusammenhängender Events. Auf den verschiedenen Ebenen unseres Kircheseins, hat das im Zusammenspiel der Anstrengungen seinen Ausdruck gefunden.

    Das Jubiläum hat mitgeholfen, ein Stück davon zu verwirklichen, was wir mit dem kirchenpolitischen Weg vom SEK zur EKS beabsichtigen. Man könnte sich jetzt fragen, war die Gestaltung der Jubiläumsfeierlichkeiten die Folge unserer Willensanstrengung Kirche auf drei Ebenen abzubilden, oder war es umgekehrt, dass uns diese intensive Zusammenarbeit aus Anlass der 500 Jahre zurückliegenden Ereignisse, nun dahin in Bewegung brachten, in actu zu verstehen, warum es gut ist, den Kirchenbund zur EKS weiterzuentwickeln. Wahrscheinlich haben wir es hier mit der alten Frage, vom Huhn und vom Ei zu tun, bei der kaum zu sagen ist, was zuerst war.

    Ich persönlich neige dazu in solchen Glücksfällen von einem Engelskreis zu reden. Hauptsache, es gibt diesen guten Dreh zum Guten und nicht nur den häufiger zitierten circulus vitiosus. Dafür können wir dankbar sein.

    Nein, nicht alles ist gelungen. Der Ratsbericht hält selbstkritisch fest, dass nicht alle Ziele erreicht wurden. Und ich rede jetzt noch gar nicht von den Finanzen.
    Zwar ist es erfreulich, dass es gelungen ist, unser kirchliches Anliegen so in die Gesellschaft zu tragen, dass auch der Bundesrat öffentlich sichtbar mitverantwortlich in unserm Jubiläum dabei war. Dass es ein Patronats- und nicht etwa ein Matronatskomitee war, das dieses Jubiläumsjahr in die Öffentlichkeit trug und verantwortete, kann bedauert werden. Die Reformation ist ja eigentlich weiblich und die Frauenfrage aktueller als vor 500 Jahren.
    Wenn ich mich aber zurückerinnere, wie brüderlich herzlich und überraschend eloquent Bundesrat Johann Schneider Ammann im Sommerzelt auf dem Münsterplatz in Bern zur Festgemeinde gesprochen hat, dann würde ich fast von einem Wunder in Bern sprechen, hinter dem die Genderfrage einen Moment zurücktreten mag. …. „

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    • Stephan Jütte
      Gepostet um 11:37 Uhr, 20. Juni

      Lieber Thomas,
      freilich kann man die Frage danach, wo Kirche stattfindet auch kirchenjuristisch verstehen. Und ja, da habt ihr das so festgehalten. Allerdings meinte ich etwas anderes. Ich dachte an die kirchliche Vitalität, die Erfahrbarkeit und Spürbarkeit von Kirche und die vielen Orte, an denen sie sich immer wieder erneuert. In der Transformation von SEK zu EKS hingegen sehe ich weniger ein Abbild gelungener Reformationsfeierlichkeiten oder die Wirkung eines vor 500 Jahren gesetzten Impulses, als die schlicht pragmatische Erkenntnis, dass die soziale Unsichtbarkeit nicht länger hinzunehmen ist.
      Nun denn, unsere katholischen Geschwister sind dabei kein schlechtes Vorbild. Allerdings haben sie es längst verstanden, verschiedene Köpfe zu zeigen – mit ganz unterschiedlichen Gesichtern. Sollte uns das auch gelingen, dann freue ich mich herzlich! Wenn unsere Gesichter darüber hinaus einen markant höheren weiblichen Anteil haben, um so mehr.
      Aber vorerst bleibe ich dabei: Der SEK-Rat mitsamt Präsident sind legitim gewählt. Allerdings fehlt ihm bei der Basis die Glaubwürdigkeit. Legitimität scheint in diesem Fall also gerade nicht für Identifikation, Akzeptanz oder Geltung zu garantieren. Ihr habt gewählt. Den allermeisten Mitgliedern war es egal. Ein paar haben sich gefreut, andere haben den Kopf geschüttelt. Landeskirche wird man eben nicht nur, in dem sich ein paar auf ihre Evangeliumstreue einigen, sondern v.a. dann, wenn es gelingt, dies unter den Mitgliedern und Nichtmitgliedern, also draussen in der Welt und nicht im Casino in Schaffhausen erfahrbar werden zu lassen. In dem Sinne: Viel Glück oder einen wirksamen „Engelskreis“!

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      • THOMAS GROSSENBACHER
        Gepostet um 21:32 Uhr, 20. Juni

        Lieber Stephan
        Da bin ich mir nicht so sicher, ob du die Übersicht über die ganze Basis hast. Ich habe sie auch nicht. Aber ich weiss, dass sehr viele Menschen in der Schweiz einen positiven Eindruck von unserem wiedergewählten Präsidenten und – soweit sie die Personen im Rat kennen – auch von den Ratsmitgliedern haben. Da steht es mit dem Frauenanteil ja nicht ganz so schlecht,
        Ebenso geht es mir mit der Vielfalt der Gesichter und „Köpfe“. In der Tagesschau hast du das reformierte Bundesparlament der 70 Abgeordneten gesehen. Nicht nur die Gesichter auch ihre Ansichten sind verschieden. Das ist gut so und bildet die reformierte Vielfalt ab.

        Einig sind wir uns in der Beobachtung der Geschlechterbeteiligung. Warum gibt es mehr freiwillig arbeitende Frauen an der Basis und warum mehr mitarbeitende Männer in den Ämtern der Kirche? Von mir aus könnte es gerne auch umgekehrt sein. Aber ich halte das nach wie vor nicht für die alles entscheidende Frage in der Kirche. Die Antwort wird sich geben.
        Wichtiger scheint mir, welche Gesichter die Menschen zeigen, was sie sagen und in welchem Sprachmodus sie es tun..
        So sind auch nicht die Räume in denen sich Gottvertrauende treffen und austauschen entscheidend, sondern der Geist ihres konstruktiven Dialogs.
        Und den gibt es zum Glück auf allen Ebenen und vielerorts.

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      • THOMAS GROSSENBACHER
        Gepostet um 21:33 Uhr, 20. Juni

        Lieber Stephan
        Da bin ich mir nicht so sicher, ob du die Übersicht über die ganze Basis hast. Ich habe sie auch nicht. Aber ich weiss, dass sehr viele Menschen in der Schweiz einen positiven Eindruck von unserem wiedergewählten Präsidenten und – soweit sie die Personen im Rat kennen – auch von den Ratsmitgliedern haben. Da steht es mit dem Frauenanteil ja nicht ganz so schlecht,
        Ebenso geht es mir mit der Vielfalt der Gesichter und „Köpfe“. In der Tagesschau hast du das reformierte Bundesparlament der 70 Abgeordneten gesehen. Nicht nur die Gesichter auch ihre Ansichten sind verschieden. Das ist gut so und bildet die reformierte Vielfalt ab.

        Einig sind wir uns in der Beobachtung der Geschlechterbeteiligung. Warum gibt es mehr freiwillig arbeitende Frauen an der Basis und warum mehr mitarbeitende Männer in den Ämtern der Kirche? Von mir aus könnte es gerne auch umgekehrt sein. Aber ich halte das nach wie vor nicht für die alles entscheidende Frage in der Kirche. Die Antwort wird sich geben.
        Wichtiger scheint mir, welche Gesichter die Menschen zeigen, was sie sagen und in welchem Sprachmodus sie es tun..
        So sind auch nicht die Räume in denen sich Gottvertrauende treffen und austauschen entscheidend, sondern der Geist ihres konstruktiven Dialogs.
        Und den gibt es zum Glück auf allen Ebenen und vielerorts.

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        • Stephan Jütte
          Gepostet um 08:41 Uhr, 21. Juni

          Lieber Thomas,
          klar, weder du noch ich können im Namen der „Basis“ sprechen. Bloss: Dieser konstruktive Dialog ist genau das, was viele in meinem Umfeld vermisst haben. Da werden Nebelgranaten geworfen (Feminisierung der Kirche etc) und danach so getan als ob man überrascht sei, damit jetzt keinen äusserst konstruktiven und differenzierten Dialog angestossen zu haben. Sich etwas trauen, auch mal den Kopf raushalten und Gegenwind spüren, das ist mir ja durchaus sympathisch. Aber dann beim kleinsten Lüftlein gleich beleidigt die Arme verschränken und böse Welt gegen gute Kirche spielen, finde ich nur billig.
          Es geht nicht um Fehlerlosigkeit, sondern um einen Charakter, der weiss, dass er irren kann, der gut zuhört, lernt, sich ab und an entschuldigt und es dann vielleicht besser macht. Mir ist das lieber als irgendwelche Privataudienzen in der Berner Altstadt.
          Du siehst, ich wünsche mir den konstruktiven Dialog genauso wie du. Aber anders sehe ich in der jetzigen Führung ein Hindernis für diese Auseinandersetzung – und einen Anlass.

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          • michael vogt
            Gepostet um 17:26 Uhr, 21. Juni

            zum konstruktiven dilaog gehört aber auch, was die andere seite sagt, differenziert zu würdigen. feminisierung, das gibt es. in meinem wahrnehmungsbereich. zuletzt im wort zum sonntag: auch dort wo männer in der kreide stehen, wo sie in der lage der ehebrecherin sind, wird die geschichte von ihr und jesus noch auf frauen angewendet. dabei ging es doch gerade um die frage, wer gegenüber den angegriffenen und dem angegriffenen berechtigt ist, den ersten stein zu werfen. die opposition gegen den letzteren ging bis zur dämonisierung, mit einer aussage, gegen die er sich angesichts des weltweiten religionspolitischen kontexts gar nicht verteidigen konnte und ihm zumindest einen teil der berechtigung lieferte, termine abzusagen. es gehöre, wird gesagt, zum feminismus, zu weit zu gehen. da liegt für einen gesprächspartner ein problem. in diesem zusammenhang immer wieder die wahrnehmung, dass etwas auf eine bestimmte weise ausgelegt wird – und dann gibt es nichts anderes mehr. zb dass eben gerade auf der strasse das eine der andere diktum gut angekommen ist, fällt restlos unter den tisch. in grundsätzlicher weise habe ich gegen die opposition überhaupt nichts einzuwenden. in vier jahren wird es vielleicht soweit sein – ohne das sich selbst überschlagende und damit sich selbst zumindest teilweise entkräftende.

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          • michael vogt
            Gepostet um 17:31 Uhr, 21. Juni

            der punkt im dritten satz vor „zuletzt“ muss weg

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          • michael vogt
            Gepostet um 23:54 Uhr, 21. Juni

            „das eine der andere“, genauer: das eine oder andere

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          • michael vogt
            Gepostet um 15:50 Uhr, 23. Juni

            dilaog (in der ersten zeile), diluere: auflösen (des konflikts), von a bis o, durch das a und o – dilatation (von diluere): ausdehnen, erweitern der perspektive

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          • michael vogt
            Gepostet um 17:24 Uhr, 24. Juni

            nicht pathologische, sondern logische dilatation, versteht sich

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      • michael vogt
        Gepostet um 00:45 Uhr, 21. Juni

        karl marx feiert seinen 200. geburtstag. der begriff der basis geht auf ihn zurück. es gibt aber einen guten grund, warum im neuen testament nur eine person basis genannt wird, die, nachdem sie unter jede basis hinabgestiegen ist und darauf ihren begrenzten kontext verlassen hat, alles mit ihrer gegenwart erfüllt. aus ihrer geschichte ergibt sich die rechtfertigung der gottlosen, nämlich aller. wo das geschieht, ist kirche. (1kor 3.11, eph 4.9f, rm 4.5)

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        • michael vogt
          Gepostet um 16:48 Uhr, 21. Juni

          auf das ganze gesehen erscheint mir das noch als zu penetrant. in eph 4.9f steht im griechischen text nichts von gegenwart. als erstes könnte man sagen: mit ihrer dialogischen gegenwart. oder dann eben wörtlich mit einem zusatz: um alles zu erfüllen und um von allem erfüllt zu werden.

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