Glauben ist zwecklos!

„Sind Sie Christ?“, hat mich eine Studentin gefragt. Ich habe bejaht. Seitdem denke ich darüber nach.

In gewisser Weise ist die Frage leicht zu beantworten. Ich bin Mitglied der Reformierten Landeskirche, getauft, konfirmiert und sogar meine Lohnabrechnung schickt mir die Kirche.

Weisser Mann, SRF3-Hörer, Christ, Europäer

Spannender wird die Frage, wenn es darum geht, wie sehr das Christentum mein Leben, mein Handeln, mein Denken und insgesamt meine Identität bestimmt.

Bin ich Christ, so wie ich weiss, männlich und deutschsprachig bin? Nicht gewählt, aber ganz zufrieden damit.

Oder bin ich Christ, so wie ich SRF3-Hörer bin? Daran gewöhnt, beheimatet und in den Ferien auch gut verzichtbar.

Oder bin ich Christ, so wie ich Europäer bin? Teil einer Geschichte, an deren Fortsetzung ich interessiert bin, deren Gegner mich nerven, auf deren guten Ausgang ich hoffe – solange ich nicht allzuviel dafür tun muss.

Christ sein jenseits des Ausnahmezustandes

Was bedeutet es mir Christ zu sein? Mir, der nicht mehr glauben kann, dass Gott Menschen für immer verdammt, die ihr Leben nicht Jesus übergeben haben; mir, der nicht davon ausgehen mag, dass das Christentum die einzig wahre Religion ist; mir, der an sich selbst erfahren hat, dass Religion die eigene Sittlichkeit nicht zwangsläufig steigert, sondern bisweilen auch untergräbt.

Kurzum: Was bedeutet es Christ zu sein, jenseits des existentiellen oder moralischen Ausnahmezustandes?

Lauwarmer Kulturchrist

Es fehlen mir Gründe, Traktate zu verteilen, zur Bekehrung aufzurufen oder andere Menschen von meinem Glauben zu überzeugen. Man könnte sagen: Klar, ein typisches Exemplar eines lauwarmen, saturierten Kulturchristen!

O.K., getroffen.

Nur lässt sich das kaum ändern. Es ist mein Glaube selbst, der meiner missionarischen Version im Weg steht. Der Glaube, dass Gott grösser ist, als das Christentum, dass er kein Richter, sondern meine parteiische Anwältin ist, dass kein freier Wille so unbegrenzt ist, dass er Gottes Heilswillen verdrängen mag.

Aber wo ist dann ein solcher Glaube noch relevant, wer braucht ihn überhaupt? Man denkt jetzt vielleicht an Grenzsituationen, wie das eigene Sterben, mühsame Krankheit, Verluste geliebter Menschen. Aber stimmt das wirklich? Wir werden alle krank, verlieren alle unsere Liebsten – oder schlimmer: sie verlieren uns – und wir sterben alle; mit oder ohne Glauben.

Zweckloser Luxus

Darin liegt für mich der wertvolle Unterschied zu meinem Alltagswissen: Mein Glaube ist zwecklos. Ich glaube nicht, um mich zu trösten; glaube nicht, um meine Belastbarkeit zu erhöhen. Es ist ein Glaube ohne „um zu“. Wenn ich über meinen Glauben spreche, dann nicht wie über eine gute Versicherung, die alle anderen abschliessen sollten; nicht wie über einen Fussballverein, der allen Superleague-Clubs überlegen ist und auch nicht wie ein Teenager, der über beide Ohren verliebt von seiner Prinzessin spricht. Mit diesem Glauben hausiert man nicht, vergleicht sich nicht und schon gar nicht macht er blind.

Er ist ein Luxus, den all jene kennen, die nach Jahren noch – in vielem desillusioniert – ihren Partner ansehen, sich freuen und dabei wissen, dass sie ihn eigentlich nicht brauchen und genau deshalb mit ihm alles ein bisschen schöner ist. Im Glauben, wie in der Kunst und in der Liebe – in der Kultur also! – sind wir noch Menschen und nicht bloss Konsumenten.

Also: Ja, ich bin Christ, wie ich SRF3-Hörer bin. Aber einer, den das Radioprogramm auch im Urlaub begleitet. Meist als Hintergrund, oft sogar, für alle anderen nicht hörbar, nur auf meinen Kopfhörern, nie über das Megafon. Und von mir aus, dürfen alle ihren Sender hören. Solange sie nicht alle Frequenzen für sich besetzen wollen, die anderen Programme nicht als „Lügenpresse“ abtun und ab und an die Kopfhörer weglegen oder den Ton etwas leiser drehen, um mit den Menschen um sich herum zu reden – gerne auch über etwas anderes, als ihren Lieblingssender.

 

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30 Kommentare
  • Anselm Burr
    Gepostet um 06:51 Uhr, 26. Januar

    Ehrliche Fragen – metaphernreiche Antworten!
    ein Lesegenuss! DANKE!!
    AB

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  • Barbara Oberholzer
    Gepostet um 07:56 Uhr, 26. Januar

    Zufrieden damit, Herr Geering? Ich verstehe diesen Beitrag auch ein wenig als Antwort auf die von Ihnen aufgeworfene Frage zum Blog „Jahresrückblick“.

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  • Beat Schwab
    Gepostet um 09:13 Uhr, 26. Januar

    Ein glaubwürdiger Christ im Jahre 2017! Viele verwechseln das Reich Gottes mit dem Christentum oder der Kirche, was eine überhebliche Anmassung darstellt. Wie der Begriff sagt, ist es eben das Reich Gottes – und nicht das Reich der Christen. Im werdenden Reich Gottes sind alle Menschen der ganzen Erde, alle Religionen, Konfessionen und auch Atheisten anzutreffen. Es ist Gott, der die Menschen aus ihren verschiedenen Kulturen in SEIN Reich beruft.

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  • Christoph Jungen
    Gepostet um 09:33 Uhr, 26. Januar

    Sehr schön. Danke! Erinnert mich sehr an:
    Die Ros‘ ist ohn warumb
    sie blühet weil sie blühet
    Sie achtt nicht jhrer selbst
    fragt nicht ob man sie sihet. (Angelus Silesius, Cherubinischer Wandersmann)
    Dennoch die Rückfrage: Ist leidenschaftliches Engagement für den Glauben (gerade für den, den du hier beschreibst) deshalb ausgeschlossen oder gleich von Anbeginn als „missionarisch“ suspekt?

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    • stephan jütte
      Gepostet um 09:43 Uhr, 26. Januar

      herzlichen dank! ich versuche im bild zu bleiben: spricht die rose über schönheit, über das blühen, über die lebenskraft? ja! indem sie dies verkörpert. ich hoffe auf missionarische existenz des christentums, das im dasein einzelner von der schönheit und liebevollen zugewandtheit gottes zeugt. wie die rose das tut. herzlich, stephan

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  • Angela Wäffler-Boveland
    Gepostet um 10:24 Uhr, 26. Januar

    Genau so! in jedem Satz kann ich mich wiederfinden –
    und frage mich gleichzeitig, wie wir dazu kommen, unsere – um im Bild zu bleiben – Kopfhörer wegzulegen und uns darüber zu verständigen, welche Sender wir hören. Neugierig auf die unzähligen Möglichkeiten, aber besonders auch froh darüber, sich mit anderen über das auszutauschen, was wir selbst hören. Die Wahl meines Lieblingssender verbinde ich ja mit bestimmten Erwartungen und rechne damit, dass diese erfüllt werden. So rechne ich mit dem Gott, auf den ich mich einlasse und würde gern mit anderen darüber reden. Nicht missionarisch oder missional, sondern am Erleben orientiert reflektierend. Sind Predigten noch der Ort, solchen Austausch anzuregen? Selten. Oder gemeinsames Bibelteilen und Beten? Im besten Fall. Sind Veranstaltungen, Bildungsangebote, Kurse solche Orte? In der Absicht schon, aber wie finden wir einander? Ich kann und will nicht für mich allein Christin sein und suche den Austausch, der konstruktiv, inspirierend, belebend ist. Und wo begegnen wir uns?

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    • Felix Geering
      Gepostet um 10:40 Uhr, 26. Januar

      Beim Kirchenkaffee wäre eine Möglichkeit. Man könnte da über die Predigt austauschen statt über den Fussballmatch vom Vorabend. Da sehe ich viel Potential!

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  • Seraphim Weibel
    Gepostet um 10:35 Uhr, 26. Januar

    Lieber Stefan, gerade Atmet meine Seele, als ich deine Zeilen las. In letzter Zeit schrieb ich in Facebook Gruppen, diskutierte mit Mitmenschen und mir blies eisiger Wind entgegen. Da war es wichtiger zu glauben das die Rose um meiner Erlösung willen blüht, als selber Rose zu sein oder sich an ihr zu erfreuen. Ich bin mittlerweile sehr traurig. Es ist mir nicht klar, was das Christentum für mich für eine Bedeutung hat. Zu übermächtig, zu zahlreich und zu laut schreien die Stimmen anderer. Daher frage ich sie, warum sind sie noch dabei und haben sich keinen neue spirituell-kulturelle Vereinigung gesucht ? Spühren Sie nicht deutlich diese andern kalten Stimmen die so heissern Schrein, und wie gehen sie damit um, nagt das nicht ?

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    • stephan jütte
      Gepostet um 17:21 Uhr, 26. Januar

      Lieber Herr Weibel,
      danke für diese offenen Worte. Ich finde es schrecklich, dass Sie v.a. an anderen Christen leiden. Warum ich geblieben bin? Ich habe nie ernsthaft erwogen, zu gehen. Ich mag die Kirche. Nicht nur meine. Manchmal stelle ich mir vor, dass in dieser Kirche, die grösser ist, als eine Kantonalkirche oder die Landeskirchen zusammen, wir alle unterschiedliche Aufgaben erfüllen – ohne dass wir das absichtlich tun: Der Zweifler stellt die Fragen, die anderen wieder helfen, sich besser zu verstehen, die Frommen erinnern mich daran, dass ich mir nie zu sicher werden darf, die tief gläubigen Menschen wecken in mir die zugeschüttete Sehnsucht nach einer Gewissheit im Glauben, die fleissigen HelferInnen ermahnen mich, dass es mehr zu tun gibt als zu reden und zu schreiben – und die ewigen Nörgler und Besserwisser? Sie helfen mir doppelt. Erstens dabei, mich selbst dort in Frage zu stellen, wo alle buhen, wenn sie sprechen und zweitens bringen sie mich nach viel Ärger, den ich empfinde dann doch dazu wieder zu hoffen, dass Gott grösser ist. Auch grösser als der Abstand zwischen den Schreihälsen und denen, die mir näher sind. Und ja, ich glaube, dass sich die Brüller und Streitsüchtigen nicht durchsetzen werden und dass man keine Angst vor ihnen zu haben braucht, weil sie laut sind, sondern dass man selbst – manchmal auch in der Wut – dagegen anschreiben, reden und handeln muss, damit der Rest nicht unsichtbar bleibt. Und manchen dieser Brüller wünsche ich von Herzen, dass sie heil werden. Denn gewisse Brüller schreien vor Schmerz.

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  • Felix Geering
    Gepostet um 10:37 Uhr, 26. Januar

    Danke Stephan Jütte. Viele spannende Gedanken. Habe ich Sie richtig verstanden?: „Mein Glaube ist zwecklos“ im Sinne von: „Christsein ist wie Sonne statt Hochnebel, wie die Blumen am Wegrand, wie gute Freundschaften“ – wunderbar, wenn es da ist, aber wenn nicht, geht das Leben trotzdem weiter?

    Für mich ist es ähnlich, aber mit einer existentielleren Wichtigkeit. So wie meine Frau existentiell wichtig ist für mich – sie ist meine beste Freundin – so ist für mich Gott / Jesus existentiell wichtig – er ist mein bester Freund. Das Leben wäre nicht mehr das gleiche ohne die beiden.

    Jesus hat uns gezeigt und vor Augen gemalt, dass Gott nicht ein rächendes Monster ist, das mit blutigen Opfern befriedigt werden muss, sondern ein liebender Vater, der unser Leben will und für uns sorgt. DAS ist es, was ich bislang sonst in keiner Religion finde. Darum betone ich den sperrigen Vers aus Joh.3.16 auf dem Wort „Vater“: „Niemand sieht DEN VATER, ausser durch mich.“ So wird der Vers für mich „sozialverträglich“: Man kann auch in anderen Religionen leben, klar – aber den Gott des Himmels zum Vater / zur Mutter zu haben – das hat für mich eine andere Qualität als DRS3 hören zu können 😉

    Ich vermute, wenn wir die Jünger im neuen Testament fragen würden, würden sie sagen: „Ein Christ ist ein Follower.“ Einer, der diesem Jesus nachfolgt. Was dann wieder individuell sehr verschieden sein kann.

    Kann man auch Christ sein, ohne „Follower“ zu sein?

    Kann man auch „Christ“ sein, indem man einfach die christlichen Traditionen befolgt?

    Die Frage ist keineswegs rhetorisch. Ich habe den Eindruck, dass der Grossteil der Landeskirchenmitglieder sich einfach an die Tradition hält.

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    • Felix Geering
      Gepostet um 10:58 Uhr, 26. Januar

      Der Grossteil der Landeskirchenmitglieder hat eine Beziehung zu Kirche, Gottesdienst und Pfarrer, wie man sie zum Arzt hat: Man ist froh, dass es ihn gibt, und hofft, dass man ihn nie braucht.

      Kann man so auch „Christ“ sein?

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    • Seraphim Weibel
      Gepostet um 17:08 Uhr, 26. Januar

      Doch in jeder Religion ist Gott gütig. Ich kenne keine andere. Außerdem sind Christen wie versessen auf Schuld und Sühne. Es gibt andere Religionen die wesentlich weniger Defizitorientiert sind. Das Christentum hat unglaublich viel unheil damit angerichtet, gerade mit „ausser durch mich“, doch das ist ein anderes Thema. Das ‚ausser durch mich“ ist ohnehin allegorisch gemeint. Christustbewusstsein, dadurch muss jeder wenn er oder sie gott in seiner ganzen liebe und barmherzigkeit erfahren möchte. Nich JesusLehre folgen sondern seinem Geist, was nicht dasselbe ist. Das eine ist das wörtliche, die äusseren Regeln, die können helfen aber auch leider in die Irre führen. Das andere ist eine Geisteshaltung die auszubilden reicht alein der Glaube nicht, sondern es ist ein langer Weg.. Diese Geisteshaltung ist nunmal in jedem Menschen angelegt und wurde von vielen Kulturen in eine Sprache und einen Weg umgesetzt, da dieses Bewusstsein, nennen sie es der Heilige Geist oder wie auch immer, sowieso in jedem Menschen angelegt ist. Es ist also OK wenn sie dieses was da ist Jesus, oder wie immer auch nennen, aber es gibt auch Leute die nennen es anders, dem Wort nach, nicht dem Inhalt.

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    • Stephan Jütte
      Gepostet um 17:49 Uhr, 26. Januar

      Lieber Herr Geering,
      danke für Ihre wichtige Nachfrage! Ich selbst erlebe meinen Glauben als „existentiell wichtig“. Allerdings, wie alles existentiell wichtige als nicht herstellbar oder durch Selbstaffirmation steigerbar. Glaube ist Gabe. Und ich verstehe Glauben aus meiner Glaubenserfahrung heraus als etwas, das nicht in einer bestimmten Symbolsprache aufgeht (nur immer für einzelne), sondern jede/n begabt in Unscheinbarem, Alltäglichem – oder hochtrabender: in mittleren Transzendenzen – einen Verweis zu spüren auf das was grösser ist, als die Summe der Einzelheiten und ihrer Verweise. Ich glaube, dass die Welt nicht Gott-los ist, sondern unsere eigene Weltabgewandtheit blind macht dafür, dass Gott auch in der mir fremden Ausdrucksform kulturgestaltig (d.h. vermittelt durch Menschen) präsent ist. Vielleicht braucht Gott weniger Follower und mehr Menschen, die entdecken, dass er dort, wo sie gerade sind, schon ist.

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      • Felix Geering
        Gepostet um 10:12 Uhr, 27. Januar

        Ja, ein guter Gedanke: „Die Erde ist des Herrn, und was darinnen ist.“

        Zum Bild mit der Rose möchte ich ähnlich antworten: Gott bringt in mir eine Saite zum Klingen, und dieses Lied singe ich. Es ist die Hintergrundmusik zu meinem Leben. Mein Zugang zu Gott ist nicht schuldorientiert, sondern beziehungsorientiert. Es trifft zu, dass viele „Fromme“ eher vom schuldorientierten Zugang her kommen, aber das kümmert mich nicht.

        Herr Jütte, bitte führen Sie ihren letzten Satz noch etwas weiter aus. Immerhin ist es Jesus selber, der uns einlädt, seine Follower zu sein („Folge mir nach!“).

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        • Stephan Jütte
          Gepostet um 10:56 Uhr, 27. Januar

          Genau! In Jesus den Christus glauben, setzt voraus, in ihm Gott gegenwärtig zu erfahren. In Brot und Wein Christus zu empfangen, setzt voraus in Gemeinschaft Christus als Gott mit uns zu glauben. Nachfolge kann nach meinem Verständnis erst eine Folge der Selbsterkenntnis angesichts einer Welt sein, in der Gott schon angekommen ist.

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  • Hans-Peter Geiser ZH Pfarrer, Dr. theol. M. Div.
    Gepostet um 12:22 Uhr, 26. Januar

    Nein lieber Stephan. Differenztheologisch (Jacques Derrida, Mark Lewis Taylor, Jürgen Moltmann) muss ich Dir sagen: das ist es nicht, was das „Christsein“. ausmacht. Auch wenn es einen Anselm Burr in seinen wertlosen Wahrheiten (Eberhard Jüngel) zu Tränen der erholsamen Bewunderung rührt. Und auch wenn ich dafür mal wieder, wie meistens im „diesseits“, wohl die meisten „Negativ-Likes“ erhalten werden – in der CH Wahlnacht zum „Mister Kaktus im ZH AG BE VD und CH Landeskirchen Universum“.. So sei es. So erhalte ich halt einen weiteren Mister ZHLK Kaktus.

    Oder – anstatt der Rosen, um in der Metaphorik des genüsslichen Aesthetischen (Albrecht Grözinger) zu bleiben – die entsprechenden Dornen.

    Wenn Dein Lohnausweis, Deine SRF-3 Hörervorlieben oder Dein Mitgliedschaftsausweis als Hintergrundsmusik, die täglich im Sound läuft, schlussendlich alle und insgesamt dahinfallen, auch Deine Metaphorik,des Duftes der unverwertbaren Rosen, dann erst beginnt die Frage, ob unser nacktes Christsein (Stuart Murray – Anabaptist Network UK) überhaupt noch eine reale Differenz in den Zeichen der Zeit (Vatikanum II – Gaudium et Spes, Papst Franzikus) um uns herum ausmacht. Dein Sprachspiel ist dieses typisch CH Bürgerliche im kirchlichen Luxusspiel dessen, was „Gleich-Gültigkeit“ einer längst nur noch bürgerlichen Theologie (Johann Baptist Metz) in Schweizer Landen an Dornen schafft. In- und ausserhalb unserer Kirchen. Nicht nur in ZH.

    Wenn ich gestern 4 Stunden lang einer ZH AG Katechetin zuhörte, durch was für ein institutionelles Leiden sie kirchlich sogenannt „christlich“ in letzten 10 Jahren der Gewalt durch musste, wenn ich im letzten Juni 2016 in Lausanne am Tag des Beginns neben einem Freund und Pfarrer einer „christlichen“ Kirche sass, wo er den ersten Hungerstreik eines Waadtländer Pfarrers begann, wenn ich in letzten 30 Jahren Pfarramt immer wieder erleben musste, dass das „Christliche“ in unseren Kirchen von dannen geht und sich aus allem Staube macht – mit bestem Lohnausweis im Kulturareal -, dann bleibt für mich an jedem Abend seither in 30 Jahren die nur noch nackte Frage – längst ohne einen I-Pod or ein I-Pad mit Lohnausweis, Mitgliedschaftnummer nebst RPG-Erinnerungen -, was da noch mein und unser „Christsein“ ausmacht.

    Da vergeht mir unverzüglich jegliche „Gleich-Gültigkeit* der Aesthetik im kulturellen und „wertlosen“ (Eberhard Jüngel) SRF-3 Luxus.

    Da bleibe ich lieber Befreiungstheologe – längst museales Antikenstück zur Ausstellung oder zur Jubiläumsfeier in den nächsten 500 Jahren. Da bleibe ich „intolerant“ missional als postmoderner Evangelikaler-Liberaler Sozialist und Radikaler (Brian McLaren, Manuel Schmid ICF Basel / CH) und verlange von jedem und jeder,bis hin zu Anselm Burr und anderen im kulturellen „No-Identity“ Spiel – auch im Diesseits (Dietrich Bonhoeffer) – seinen oder ihren „Christseinausweis“.

    Und bleibe radikaler politischer Differenz-Theologe, der auch fromm sein möchte, und lese weiterhin zumeist Jürgen Moltmann und Johann Baptist Metz, nebst den hunderten von US- und Lateinamerikaner/innen, die noch wissen, was „Christsein“ ohne bürgerlichen CH SRF-3 oder Lohnausweis heisst. Selbst wo ein Jürgen Moltmann in Zürich, Basel, Bern bis Tübingen und anderswo längst im Eberhard Jüngel oder Anselm Burr Ersatz im theologisch „“christlich“ indifferenten und musealen Archivkübel liegt. Or im Antiquariat, das niemand mehr liest.

    Und selbst Steve Job’s von Apple hat – mindestens früher nach Guy Kawasaki als einer seiner ersten „Evangelisten“ – postmoderne „Missionare“ eingesetzt -, im Glauben, dass Apple doch differenztheologisch besser als Windows für diese Welt ist. Auch wenn ich mir Apple – ohne Lohnausweis – nicht mehr leisten kann.,

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    • Seraphim Weibel
      Gepostet um 16:58 Uhr, 26. Januar

      Intellektuelles geschwurbel. Letzten Endes dreht sich die Frage darum, wie sich eine Gruppe von Menschen konstitutioniert. Offensichtlich gibt es einen gerangel um den Begriff ‚Christlich‘. Wer ist damit gemeint und wer nicht. Die Antwort ? Fragt Jesus! Nicht möglich?? ja dann werden wir uns wohl miteinander Arrangieren müssen. Die Frage ist tatsächlich Interessanter als sie im ersten Moment erscheinen mag. Ist es Ziel der christlichen Lehre Leute auszugrenzen oder in der Nächstenliebe einzuschließen ? Ist es wichtig, dass es NICHTCHRISTEN gibt um sich als Christ zu fühlen ? Hier wirds gefährlich. Den die exklusiv Christen haben ja obendrein noch den Anspruch im BESITZ der einzigen Heilslehre zu sein. In or Out wird jetzt auf einmal Wertend, die andern werden mangelhaft. Schlechte voraussetzungen für die christliche Lehre der Nächstenliebe. Das ist ein betont psychologischer soziologischer Standpunkt. Ich halte nicht viel von Theologie, sie ist für mich wie Kaffeerahmdekelisammeln, eine Kulturwissenschaft, sagt wenig über Gott aus. Theologie ist auch nicht mehr nötig, sie ist meist nur noch falsch,da sie sich soziologischen und psychologischen Erkenntnissen verweigert. Wie früher, als sie sich weigerte anzuerkennen dass die Erde nunmal rund ist. Aber die Erde ist auch in spirituellen Fragen längst keine Scheibe mehr. Und sich selber narzisstisch als Gralshüter der alten Lehre aufzuspielen wirkt so peinlich dazumal als die Kirchen Herren von Galilei verlangten dem Irrweg abzuschwören und in den Schoss des Hernn zurückzukehren. Hier Grundhaltungen als Vorschlag für Christen: Inklusion vor Ausgrenzung. Wertschätzung vor Schuld, Teilen von spirituellen Erfahrungen vor inbesitznahme der wahren Lehre.

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    • stephan jütte
      Gepostet um 17:33 Uhr, 26. Januar

      Lieber Hans-Peter Geiser,
      nun haben sich doch die „dislikes“ in Grenzen gehalten, oder? 😉 Nein, im Ernst: Wenn ich jetzt über die Schönheit des Theaters, einen wertvollen Film, eine mir liebe Beziehung geschrieben hätte und es käme einer, der dann sagt: „Jetzt schreibt der über sowas während alle Welt vor die Hunde geht?!“ – ich würde immer verlieren. Dort wo Glaube im Moment der Krisis aufgeht, ist alles Glaubensleben nebensächlich und situationsfremd. Aber stehen wir wirklich in dieser vielbeschworenen Krisis? Oder sind wir die Jungfrauen mit den Öllampen?
      Was wäre eine Ehe, lebte man sie im permanenten Ausnahmezustand? Wer müsste Gott sein, wäre die Welt nichts anderes und nicht mehr als ein Entscheidungsruf? Meine Antwort darauf war nicht, dass mein Glaube steht und fällt mit meinem Lohnausweis, meinem Radiosender oder anderen Annehmlichkeiten, sondern, dass ich die Welt und mein Leben nicht nur durch durch den Glauben, sondern auch den Glauben durch die Welt und mein Leben verstehen will. Ich versuchte von einem Glauben zu sprechen, der nicht im Radioprogramm oder dem Lohnausweis aufgeht, sondern beides eigenartig transzendiert.

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  • Sibylle Forrer
    Gepostet um 13:23 Uhr, 26. Januar

    Hans-Peter, dein Kommentar schiesst völlig am Blogbeitrag von Stephan Jütte vorbei und ist einmal mehr ein wirres Sermon, in dem Du Dich über andere erhöhst (paradoxerweise indem Du Dich geschickt in in die Opferrolle manövrierst), als der einzige, der das Christsein richtig erfasst hat, im Gegensatz zu den „Luxus-PfarrerInnen“ der Landeskirchen, deren Worte doch nur Schall und Rauch sind, wie Du gerne überall betonst. Und einmal mehr spielst Du unfair auf den Mann (Anselm Burr). Ich mag dieses arrogante Geschwurbel echt nicht mehr lesen.

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  • Felix Geering
    Gepostet um 13:48 Uhr, 26. Januar

    Ich finde die Frage von Herr Geiser durchaus passend und auch spannend:

    Was bleibt von meinem Christsein, wenn Lohnausweis, DRS3 und LK-Mitgliedschaft verschwunden sind?

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    • Seraphim Weibel
      Gepostet um 17:12 Uhr, 26. Januar

      Gute Frage, ich bleibe Christ auch wenn es jemand anders nennt was ich bin, sprich der Kulturchrist hat auch einen ewigen Inhalt, auch wenn die Kultur eine andere ist. Es ist doch der Kern, der Namenlose um den es geht.

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      • Verena Thalmann
        Gepostet um 21:45 Uhr, 29. Januar

        Super Antwort! danke…..

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  • Sibylle Forrer
    Gepostet um 14:01 Uhr, 26. Januar

    Ich habe nichts gegen die Frage, die ich durchaus berechtigt finde. Ich störe mich an den Ausführungen dazu, in denen zig Punkte durcheinandergemischt und vermischt werden und die ein undifferenzierter Rundumschlag gegen die LK und Pfarrschaft sind, mit dem Grundtenor, zu wissen, was wahres Christsein bedeutet. Und am allermeisten stört mich, das Spielen auf den Mann (mit Namensnennung), das ich persönlich übrigens so gar nicht christlich finde.

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  • michael vogt
    Gepostet um 02:45 Uhr, 27. Januar

    werde ich gefragt, antworte ich: in srf3 geboren, aber von verschiedenen, allerdings nicht beliebigen sendern beeinflusst

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  • michael vogt
    Gepostet um 03:04 Uhr, 27. Januar

    die offenbarung, die uns zu vertrauenden und erkennenden macht, ist nicht zwecklos. wir können nicht sagen, das, wozu sie uns macht, habe keinen zweck. es nützt ja schliesslich etwas. wir können nicht sagen: „das bringt doch nichts, dass du mich liebst und ich dadurch auch zu lieben beginne!“ die rose blüht zwar ohne warum (ohne wozu), aber ihr blühen hat einen sinn.

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  • michael vogt
    Gepostet um 03:31 Uhr, 27. Januar

    die frage nach dem glauben ist mir zu anthropologisch. aber wenn man diesen aspekt mal anerkennt, kann es durchaus sein, dass jemand glauben will, glauben kann, eben glaubt, „um“ nicht krank „zu“ werden. für mich persönlich ist der anthropologische aspekt eher krankmachend, aber das will ich nicht verallgemeinern. meister eckhart sagt: „wenn du etwas tust, um etwas dafür zu bekommen, steht es nicht recht um dich.“ oder je nachdem gerade völlig recht.

    drs3 > 3 kommentare

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    • michael vogt
      Gepostet um 03:36 Uhr, 27. Januar

      sorry: srf

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    • Seraphim Weibel
      Gepostet um 10:26 Uhr, 27. Januar

      Bin mir nicht sicher auf was sie heinaus wollen. Glauben im Sinn von Annahmen treffen auf deren Basis wir mit der Welt klarkommen ? Erfahrungen die wir machen wodurch wir lernen und uns zurecht zu finden? Oder Glaube in Sinne einer spirituellen Sinngebung ? Anthropoligisch ist beides, es fliest sogar ineinander über. Es gibt kein gesichtertes Wissen über eine Realtiät sondern wir konstruieren aus unseren Erfahrungen ein stabiles Weltbild, darin einkonstruiert sind sinngebende Elemente. Ich glaube das ganze kann nun mehr oder weniger Kultiviert werden, je nach Kultur die einem Vorgespielt wird am Emfpänger der Senderwellen.

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  • michael vogt
    Gepostet um 20:30 Uhr, 27. Januar

    ein personähnilches sein sagt etwas zu mir in worten menschlicher sprache. und ich glaube es. wobei das zweite, das ich, das glauben, nicht mein thema ist. die anthropologische wende begrüsse ich als vollständige anerkennung des anthropologischen gesichtspunktes, so wie er in ihrer antwort zum ausdruck kommt. stefan jütte verstehe ich so: er sieht im glauben nicht etwas fanatisches, nicht einen andauernden ausnahmezustand. dem stimme ich zu. ob der glaube einen zweck hat, ist nicht meine fragestellung. werde ich aber gefragt, widerspreche ich der überschrift des beitrags. wird jemand mit dem verlust einer nahestehenden person nicht fertig, hat der glaube, dass wir die verstorbenen wiedersehen werden, dass sie vollkommen erleuchtet sein werden, wenn der begriff denn sein muss, einen zweck: dass die person, die diesen schweren verlust erlitten hat, leben kann.

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  • Verena Thalmann
    Gepostet um 21:58 Uhr, 29. Januar

    Sowohl der Beitrag von Stephan Jütte als auch der interessante Austausch in den Kommentaren hat mich mega aufgestellt!
    So „gefällts“ mir auf diesseits.ch und gibt mir Mut für das „nicht so einfache“ Leben. — also weiter so …..

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